Austria Email, das am längsten an der Börse notierte Unternehmen in Österreich, zieht sich nach 161 Jahren von der Wiener Börse zurück und bietet dem Streubesitz - 9,65 Prozent aller Aktionäre - 10 Euro je Anteilsschein. Das sei ein Aufschlag von rund 30 Prozent zum Durchschnittskurs vor der Ankündigung dieses Schrittes Ende November, sagte Vorstand Martin Hagleitner am Freitag zur APA.

Inzwischen ist der aktuelle Kurs (heute, Freitag) auf 9,69 Euro gestiegen, von den Kleinaktionären gebe es positive Rückmeldungen zum Rückkaufangebot, sagte Hagleitner. Man gehe davon aus, dass der Großteil, wenn nicht alle, Kleinaktionäre annehmen werden. Wenn nicht, will man aber niemanden aus dem Unternehmen hinausdrängen, ein Squeeze-Out wird es nicht geben. "Wir wandeln die Inhaberaktien in Namensaktien um, und wenn jemand die Aktie behalten will, dann kann er, aber es gibt halt keinen Markt dafür", sagte Hagleitner. Es sei die Frage, ob das für Kleinaktionäre Sinn macht.

Das Ende des Handels mit Aktien von Austria Email erwartet der Firmenchef etwa zum Ende des 1. Quartals. Bis alle bürokratischen Bedingungen erfüllt sind, werde es aber wohl Ende 2017 werden.

Ergebnisse werden weiterhin veröffentlicht

Ergebnisse und wichtige Entwicklungen werde Austria Email auch künftig veröffentlichen und Hauptversammlungen abhalten. Zugleich wiederholte Hagleitner seine Kritik, dass die Kosten und Risiken durch einen Verbleib an der Börse für sein Unternehmen viel zu groß gewesen wären. Der Ermessensspielraum zugunsten der Behörden, welche Entwicklungen offiziell bekanntgegeben werden müssen, sei so groß, dass bei der Austria Email unklar sei, ob nicht Schwankungen von Öl-und Rohstoffpreisen zum Handeln gezwungen hätten. Man hätte intern Personal aufbauen und externe Kompetenzen zukaufen müssen. Auch das potenzielle Strafmaß bei Verfehlungen sei "komplett überschießend". Hagleitner ärgert auch der "Generalverdacht" der Behörden, der sich unter anderem in der Registrierkassenpflicht und Betriebsprüfungen niederschlägt - ohne Verfehlungen einzelner "Schwarzer Schafe" verhindern zu können.

Für die Kapitalbeschaffung brauche man die Börsennotierung nicht. "Wir haben das Unternehmen mittlerweile seit zwei Jahren netto bankschuldenfrei gestellt. Wir haben ein gestiegenes Eigenkapital und eine langfristig ausgerichtete Kernaktionärsstruktur und damit sowohl Innenfinanzierung als auch über die Kernaktionäre Finanzierungsquellen und nicht mehr die Notwendigkeit, über die Börse Kapital zu beschaffen", so Hagleitner.

Mehrheitseigentümer von Austria Email ist die französische Atlantic Societe Francaise de Developpement Thermique, die rund 65 Prozent der Anteile hält. Die Treibacher Industrieholding als österreichischer Kernaktionär besitzt 26 Prozent, der Rest ist im Streubesitz.