Sorgen bereiten ihm die vielen Bankfinanzierungen in dem Bereich: Bauträger sollten vermehrt den Kapitalmarkt anzapfen. Nur über ausreichend Neubautätigkeit, nicht über Richtwerte, könne der Mangel an Wohnungen im genannten Niedrigpreissegment unter Kontrolle gebracht werden, meinte der Experte im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Um zu einer Reserve zu kommen, müssten in Österreich aber jährlich 5000 bis 7000 Einheiten mehr errichtet werden als jetzt. Zuletzt wurden 2015 in Österreich 50.300 Wohnungen baubewilligt, davon 32.800 in Mehrgeschoßbauten und 17.500 in Einfamilienhäusern. Hinzu kamen noch 15.400 Bewilligungen für Umbauten, womit kein neuer Wohnraum entstehe.

Stillstand bei Wohnbauförderung

Statt für 7, 7,50 oder 8 Euro pro Quadratmeter und Monat würden neue Wohnungen in Wien vielfach für 13 oder 14 Euro/m2 angeboten, in Innsbruck sogar schon für 16 bis 18 Euro pro Quadratmeter, so Schmidinger. Die Wiener Mieten hätten sich laut OeNB-Daten bis zum zweiten Quartal im Jahresabstand um 5,5 Prozent verteuert, neue Eigentumswohnungen in Wien um 12,7 Prozent, in ganz Österreich (ohne Wien) sogar noch etwas stärker, nämlich um 12,8 Prozent. Die real verfügbaren Einkommen dagegen würden heuer nur um 1 Prozent steigen.

Mit einer Wohnbauförderung von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) weise Österreich einen der geringsten Werte in Europa auf. Von 2010 bis 2014 seien die WBF-Mittel nur von 2,947 auf 2,953 Mrd. Euro gestiegen - "das ist in Wahrheit ein Stillstand" und "nicht einmal ein Schildkrötengang", statt eines "Straußenlaufs", den sich Schmidinger im Wohnbausektor eigentlich wünscht. Die Zahl der geförderten Einheiten seien von 2010 bis 2014 nur von 26.900 auf 28.700 gewachsen, dabei im Eigenheimbereich von 9.700 auf 5.100 gesunken und nur im großvolumigen Sektor von 17.000 auf 23.600 geklettert: "Die gesamte Kanone wird auf den Mehrgeschoßwohnbau ausgerichtet."

"Not im leistbaren Segment"

"Wir haben eine Wohnungsnot im leistbaren Segment - aber haben zu viele Porsche herumstehen, ohne Fahrer", fällt dem s-Bauspar-Chef angesichts von Preisen ab 7000 Euro je Quadratmeter für Wohnungen in Dachgeschoßausbauten ein, die vom gruppeneigenen Makler s-Real gar nicht mehr in die Vermarktung genommen würden, weil es hier zu viele gebe. Aber offenbar gebe es auch für so teuren Wohnraum einen Markt: In der Beatrixgasse in Wien-Landstraße, dem früheren Sitz der s Bausparkasse, entstünden aktuell 200 Wohnungen ab 7200 Euro/m2, ein Drittel sei schon vergeben.

Sorgen bereitet Schmidinger das hohe Hypothekarkreditvolumen in Österreich, das sich in den Bankbilanzen befindet. "Wenn wir alles über Banken finanzieren, werden wir am Ende des Tages Leute brauchen, die uns die Kredite abnehmen." Dabei gebe es in Europa aber keinen ausreichend großen Markt für Non-performing Loans, die in Summe mit 600 Mrd. Euro zu beziffern seien. "Die müssten wir exportieren können." Schaffe man das nicht, sollten Instrumente von Sonderbanken mit längerfristig gebundenen Einlagen herhalten, etwa Bausparkassen.

Freigabe fehlt noch

Deshalb sollten sich große Bauträger auch über Emissionen am Kapitalmarkt finanzieren. Denn ansonsten funktioniere das jetzige System nur, solange die Europäische Zentralbank jedes Jahr "weiter 700 oder 800 Milliarden Euro hineinschüttet". Die Verleihungsquoten im Wohnbau sollten gesenkt werden, fordere die EZB, der Europäische Stabilitätsmechanismus sehe Österreich hier unter den sechs größten Problemländern, und die neue Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) verfüge noch nicht über die Freigabe der EU-Kommission, da man dort prüfe, ob durch die WBIB nicht die Aktivitäten der heimischen Banken eingeschränkt würden. Mit 30-jährigen Krediten und hohen Fixzinsen werde man den Kommerzbanken aber wohl nicht in die Quere kommen, dahingehend müssten Finanz- und Wirtschaftsministerium Brüssel noch überzeugen, so Schmidinger.