Protest um das Murkraftwerk sprengt die Grazer Stadtregierung. Das 400-Millionen-Mahnmal Mellach muss eingemottet oder verkauft werden. Das Pumpspeicherwerk Reißeck II rechnet sich nur im Verbund mit der abgeschriebenen Malta-Sperre. Pläne für die 380-kV-Leitung durch Kärnten sind aus Furcht Geheimnis. Sind Kraftwerks- und Netzausbau noch darstellbar und machbar?
„Der Bedarf nach Energie ist da, sie wird nicht gratis sein und der Stromanteil von 20 Prozent wird steigen, weil Strom für die Modernisierung am effizientesten ist“, ist Verbund-Aufsichtsratschef Gilbert Frizberg überzeugt. Dass der Verbund sein Investitionsprogramm bis 2019 von 1,5 Milliarden Euro auf eine Milliarde Euro kürzen musste, ist die akute Wirklichkeit. Extrem volatile Märkte lassen Verbund-Vorstand Wolfgang Anzengruber über „dramatischen Umbruch und Verwerfungen im Energiesektor“ klagen.
„Verbund, Estag oder Kelag müssen bei Investitionen auf 40, 50 Jahre hinaus entscheiden. Derzeit kann man Strompreise selbst fürs nächste Jahr nur noch in Preisbändern angeben“, sieht Frizberg auch bilanzielle Investitionshemmnisse. „Die Bilanzierung nach IFRS zwingt zu stichtagsbezogenen Bewertungen, nicht wenn Investitionen in Betrieb gehen.
"Energiewende nur mit Wasserkraft"
Man muss mit Annahmen und Bandbreiten arbeiten, an die ein Vorstand glaubt. Für börsenotierte Unternehmen ist das noch schwieriger.“ Zumal bei Planungslaufzeiten von bis zu 20 Jahren bei 380-kV-Leitung, jahrelang bei Kraftwerken. „Für die Organe unzumutbar.“
„Die Energiewende schaffen wir nur mit Wasserkraft“, meint Leo Windtner, Chef der Energie AG. Doch dabei gerät Wasserkraft, die in Österreich 70 Prozent des Strombedarfs deckt, ins Hintertreffen. Frizberg sieht „nur mehr einen Restmarkt.
In Deutschland sind 60 Prozent der Stromenergie gefördert.“ Braunkohle wurde so – wider allen Klimazielen – günstigster konventioneller Erzeuger. „Eine völlige Fehlentwicklung der Energiewende.“
Wie auch die Art der Förderung. „Energie aus Wind oder Sonne hat man in Deutschland in 20-jährige Gewinngarantie eingepackt – mit 25 Milliarden Euro Förderung pro Jahr.“ Also gleichen Systemkosten.
"Abstimmung für das Murkraftwerk"
Dass Mellach-Gas-Debakel weist Frizberg geopolitischen Krisen zu, das Ausmaß der Kosten falle gemeinsam auf die Träger. „Estag und Verbund haben es einvernehmlich beschlossen. Auf Wunsch der Steirer wurde es auf zwei Mal 400 MW ausgelegt, weil sie auf einen Block direkt für ihr Netz bestanden.“
Zum Murkraftwerk erinnert Frizberg, „dass eine Abstimmung der Bürger für das Kraftwerk ausging“. Auch in Umfragen habe Wasserkraft höchste Zustimmung. „Es gibt aber kaum ein Land, in dem der Ausbau so erschwert ist, wie in Österreich. Kaprun könnte heute nie mehr gebaut werden.“
Adolf Winkler