Ukrainische Strafverfolger beschäftigen sich intensiv mit Treuhandkreditgeschäften ukrainischer Banken mit der Wiener Meinl Bank, mit deren Hilfe zwischen 2011 und 2015 hunderte Millionen Dollar aus der Ukraine in Steuerparadiese transferiert wurden. Seit Mai haben Kiewer Untersuchungsrichter laut offiziellem Gerichtsregister in drei diesbezüglichen Verfahren bisher zumindest 59 Beschlüsse gefällt.

Ermittler der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft, der Nationalpolizei und des Nationalen Antikorruptionsbüros begehrten im September und Anfang Oktober vor Kiewer Gerichten Zugriff auf Dokumente, die sich auf Geschäftsbeziehungen ukrainischer Banken mit der Meinl Bank in Wien beziehen. Dies dokumentiert das ukrainische Gerichtsregister, das halbanonymisiert und mit einer Verzögerung von durchschnittlich zwei Wochen Gerichtsentscheidungen veröffentlicht.

13 Banken in Konten bei Meinl

Laut diesen Beschlüssen haben zumindest 13 ukrainische Banken nach 2011 Konten bei Meinl eröffnet und ihre jeweiligen Einlagen als Sicherstellung für jene Millionenkredite verwendet, die die österreichische Bank in Absprache mit den Ukrainern an Offshore-Firmen vergab. Da letztere in der Regel diese Kredite nicht bedienten, griff die österreichische Bank schließlich auf die Sicherstellungen zurück.

Die zuständigen Behörden in Kiew erfuhren davon jedoch zumeist nachdem die betreffende ukrainische Bank aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten unter Zwangsaufsicht gestellt wurde. Im Mai 2016 gab die ukrainische Einlagensicherung an, dass via Meinl derart 746,5 Millionen Dollar und 59 Millionen Euro ins Ausland transferiert worden seien.

Diese Gelder fehlten in Folge dem ukrainischen Staat bei der Sanierung und Abwicklung krisengeschüttelter Banken.

Bei der Ermittlungsabteilung der ukrainischen Nationalpolizei erklärte man, dass das Gesamtvolumen dieser Finanzoperationen und der durch Handlungen von Eigentümern und Mitarbeitern ukrainischer Banken verursachte Gesamtschaden Gegenstand aktueller Ermittlungen sei. In Entscheidungen des Kiewer Petschersk-Bezirksgerichts war zuletzt aber auch von einer "Gruppe unbekannter Vertreter von Interessen der Meinl Bank AG" die Rede gewesen, die diese "großangelegte Finanzaffäre" gemeinsam mit Eigentümern ukrainischer Banken durchgeführt hätten.

Verdacht der Geldwäsche

"Bisher wurde niemand zum Verdächtigen erklärt", betonte am Dienstag ein hochrangiger Vertreter der Nationalpolizei gegenüber der APA.

Inhaltlich konzentrierte sich das Ermittlungsverfahren der Nationalpolizei, das im April 2016 eingeleitete wurde, auf die ukrainischen Finanzinstitute "Bank Kredyt Dnipro", "Bank Finansy ta Kredyt", "Bank Professijnoho Finansuwannja", "Chreschtschatyk", "Delta Bank", "Miskyj Komerzijnyj Bank" und "Terra Bank". Es geht um die Frage, ob es im Zusammenhang mit Meinl-Bank-Treuhandkrediten zu Veruntreuung und Geldwäsche gekommen sein könnte.

Überschneidungen gibt es mit dem ebenso im April 2016 gestarteten Ermittlungsverfahren des Nationalen Antikorruptionsbüros und dem seit Jänner 2015 laufenden Verfahren der Generalstaatsanwaltschaft. Letztere beschäftigt sich ausschließlich mit "Bank Finansy ta Kredyt" und Stabilisierungskrediten der ukrainischen Nationalbank im Ausmaß von 5 Mrd. Hrywnja (178 Mio. Euro), die zu einem Teil womöglich gesetzeswidrig für Treuhandkredite in Österreich verwendet wurden.

Bilanzen geschönt

Eine mögliche Erklärung, wofür die Offshore-Firmen die Millionenkredite verwendet haben könnten, bieten indes die Detektive des Antikorruptionsbüros: Sie gehen unter anderem dem Verdacht nach, dass diese Gelder als nachrangige Darlehen an ukrainische Banken zurückflossen, um damit die Bilanzen zu schönen.

Die Meinl Bank selbst geht davon aus, von den drei ukrainischen Ermittlungserfahren nicht betroffen zu sein. "Die Meinl Bank führt alle ihre Tätigkeiten im Rahmen der nationalen und internationalen Gesetze und Regelungen durch - das gilt auch für die Ukraine", betonte Vorstandsmitglied Samira Softic am Mittwoch gegenüber der APA.