Es sind nicht nur der Bäcker und der Wirt, die profitieren. Jeder fünfte selbstständige und unselbstständige Arbeitsplatz hängt in Kärnten von dem Tourismus und der Freizeitwirtschaft ab. Fast 15 Prozent trägt die Tourismus- und Freizeitwirtschaft zu Österreichs Bruttoinlandsprodukt bei. Alleine in Kärnten setzt die Sparte 3,4 Milliarden Euro Wertschöpfung in Gang.
Der Großteil der touristischen Ausgaben wird von auswärtigen Gästen aus Rest-Österreich und dem Ausland nach Kärnten „importiert“, sagt Kärnten-Werbung-Chef Christian Kresse. Das zeige den hohen Stellenwert des Incoming-Tourismus für Kärnten.
Ein Wert, von dem auch ganz andere Branchen abhängen. Der Tourismus ist Teil eines dynamischen Wirtschaftskomplexes, eines Ökosystems.
Da wären zunächst die Lieferanten wie die Berglandmilch-Tochter Kärntner Legro, die gemeinsam mit zehn anderen österreichischen Großhändlern zur Einkaufsgemeinschaft Eurogast gehört. Mit neun Fahrzeugen und 50 Mitarbeitern stellt Legro von Mittelkärnten bis Villach und ins Lavanttal Lebensmittel zu und betreibt auch C&C-Märkte in Klagenfurt, St. Veit und Velden. 22.000 Artikel sind im Sortiment – regionale Produkte sind im Vormarsch. Natürlich bietet Legro auch Convenience-Produkte – und profitiert damit indirekt vom Arbeitskräftemangel im Tourismus: Vorgewaschener und geputzter Salat gehört hier dazu, geschältes und geschnittenes Obst und Gemüse, gehackte Kräuter.
Gewerbe und Handwerk sind genauso Teil des touristischen Ökosystems wie Baumeister und Architekten. Hier seien stellvertretend Andrea und Herwig Ronacher genannt, die fünf der zehn bestgereihten Kärntner Betriebe, die kürzlich mit dem Holiday-Check-Award 2017 ausgezeichnet wurden, betreuen. Darunter das Hotel See Rose in Bodensdorf, das Biohotel Der Daberer oder das Mountain Resort Feuerberg auf der Gerlitzen.
Wie man sie einrichtet bzw. die Einrichtung finanziert, damit beschäftigt sich in Kärnten eine Reihe von Unternehmern – hier sind Händler wie Markus Miklautsch dabei, der unter der Marke „Stilmelange“ Stil-Beschläge vertreibt. Das Büro Robert Wolte &Partner aus Klagenfurt arbeitet als internationaler Hotelausstatter. Das HBT-Holzbauteam aus Kötschach realisiert Bauvorhaben, Innenausbauten, Sanierungen. Die Villacher Firma Furnirent hat sich auf die Vermietung von Hoteleinrichtungen spezialisiert. Gründer Hansjörg Kofler möchte den Hoteliers das Investieren erleichtern bzw. die Ängste nehmen, ob sich eine Investition rentiert oder nicht. „Die Hürde Bank ist für die Betriebe nicht mehr so hoch, weil wir ihnen gewissermaßen unsere Bonität zur Verfügung stellen.“ Normalerweise braucht Furnirent 50 Prozent des Mietaufwandes als Sicherstellung – etwa in Form einer Bankgarantie oder eines Sparbuches. Bis August ist dieser Satz auf 25 Prozent gesenkt. Neben Zimmereinrichtungen stattet Furnirent immer mehr Hotelbäder aus: „Moderne Bäder bringen den Betrieben mehr Ertrag. Am Bad sieht man Sauberkeit und Aktualität am schnellsten. Der Gast ist dann bereit, bis zu acht Euro mehr zu zahlen“, weiß Kofler, der bemerkt, dass „die Gäste generell immer höhere Ansprüche haben“.
In tourismusintensiven Regionen ist fast jeder dritte Arbeitsplatz direkt oder indirekt von Tourismus und Freizeitwirtschaft abhängig, in Mittelkärnten jeder siebente, in Unterkärnten jeder achte. Tourismus stärkt auch den ländlichen Raum, auch dies ist ein Zeichen eines offenen Ökosystems: Es braucht zur Erhaltung seines Zustandes einen Energiefluss durch das System. Alle profitieren voneinander.
Das weiß auch Manfred Kohl, der Strategieberatung und Produktentwicklung für Hoteliers und Regionen anbietet und sie in Sachen (Online-)Marketing berät. Kohl sagt: „Ist die Stimmung schlecht – auch die politische – geht es weniger um Investitionsberatung, sondern um Marketing und Controlling. Tourismus ist stimmungsorientiert.“
Die Betriebe lassen sich helfen: Das bemerkt Waltraud Rieser-Herrnhofer, die sich vor sechs Jahren in Kärnten mit Hotel&Tourism Solutions selbstständig gemacht hat und expandiert. Sie hat mittlerweile auch ein Büro in Wien. Rieser-Herrnhofer bietet Beratungen und Umsetzungsbegleitung. Bei ihr können Hotels aber auch Verkauf und Marketing auslagern. Rogner, die Hotels Sandwirth und Seefels stehen auf ihrer Referenzliste. Gerade berät sie das Hotel Franz Ferdinand auf dem Nassfeld, das im ehemaligen „Cube“ ein Drei-Sterne-Design-Hotel für Sportaktive werden will. Es soll im Herbst eröffnen. Gerade wurden 500 alte Betten „rausgehaut“.
Wechselwirkungen hat das Ökosystem Tourismus auch mit der Reinigungsbranche. Für die Wäschereien Umlauft in Klagenfurt und Salesianer Miettex in Arnoldstein ist der Tourismus ein wichtiger Kunde.
„65 Prozent vom Umsatz machen wir in Kärnten mit der Hotellerie“, sagt Salesianer-Regionalleiter Reinhard Glabischnig-Schindler, zu dessen Kunden zum Beispiel Werzer oder Hochschober gehören. 98 Prozent der zu reinigenden Textilien sind im Salesianer-Eigentum. 13 Lieferfahrzeuge in Kärnten holen ab und stellen zu. Das Unternehmen bietet auch Matten-Service, Stoffhandtuchspender und Seifenspender-Service. Zwischen 60 und 90 Mitarbeiter sind beschäftigt, je nach Saison – die Wäscherei ist genauso saisonabhängig wie der Tourismus.
Laut Glabischnig-Schindler hat das Unternehmen seinen Wäscheumschlag in Kärnten erhöht. „Wir spüren die Saisonverlängerung. Wir spüren aber auch, dass die Anforderungen der Gäste unserer Kunden steigen.“ Um seine Waschkapazitäten zu erhöhen, investiert Salesianer Miettex, das
im Besitz einer Wiener Unternehmerfamilie steht, in Arnoldstein aktuell 1,3 Millionen Euro in Technik bzw. Erweiterung.