Die Bodenhaftung hat Andreas Urschitz nicht verloren, auch wenn er „30 Prozent“ seiner Arbeitszeit reisend in Auto oder Flugzeug verbringt.

Seit 2012 steht der gebürtige Klagenfurter und heute in der Nähe von Villach Ansässige an der Spitze der Infineon-Division „Power Management & Multimarket“. Was sperrig klingt, hat im Konzern enorm viel Gestaltungskraft. Nach dem Bereich „Automotive“ der zweitwichtigste Umsatzbringer, sind Urschitz & Co. federführend für Energiesparchips, Sensoren und 5G zuständig.

Weniger technisch ausgedrückt: Gemeinsam mit seinen rund 2200 Mitarbeitern tüftelt der 45-Jährige an unserer unmittelbaren Zukunft. Denn die von Urschitz’ Leuten entwickelte Technologie findet sich nicht nur in Smartphones, sondern auch in vielen anderen vernetzten Dingen des täglichen Lebens.

Infineon-Manager Andreas Urschitz
Infineon-Manager Andreas Urschitz © Infineon

Aktuelle Anwendungsbeispiele gefällig? Wir wagen den Sprung über den großen Teich und landen in Seattle. Dort testet Infineon gemeinsam mit Eluminocity gerade smarte Straßenlampen. Also mit Sensoren vollgestopfte Laternen, die Verkehrsdaten oder Luftfeuchtigkeit ermitteln und in Echtzeit weitergeben.

Die Chips in den Laternen kommen von Infineon und wurden federführend in Villach entwickelt. Wie auch Energiesparchips, die etwa in gigantischen Rechenzentren von Facebook, Google oder Co. den Stromverbrauch um bis zu 30 Prozent senken können. Bei 15.000 Server-Racks und dem Stromverbrauch einer 70.000 Bewohner fassenden Kleinstadt kein unbedeutender Faktor.

Smarte Laternen, vollgestopft mit Sensoren
Smarte Laternen, vollgestopft mit Sensoren © Infineon

Im Hintergrund geht es freilich um mehr als – zugegebenermaßen beeindruckende – Lampen oder Rechenzentren. Es geht um etwas viel Fundamentaleres, um Technologie, die den Alltag nachhaltig verändern kann. Schon bald nämlich sollen Maschinen Gesten und Sprachbefehle kombinieren und verstehen.

Infineon leistet dazu einen wesentlichen Beitrag, verbindet hauseigene Radarsensoren mit Silizium-Mikrofonen und Audio-Prozessoren. So werden „Mikrogesten“ einer klar bestimmten Person, also etwa das Schnippen mit zwei Fingern, auf zehn Meter Entfernung problemlos erkannt.

Mit Google zum "Gesten-Alphabet"

Geschichte soll dann das Problem heutiger Assistenz-Systeme à la Siri oder Amazons Alexa sein, die ausschließlich auf Geräusche reagieren – und dadurch schon von einem laut eingeschalteten Fernseher ausgeknockt werden können.

„Wir arbeiten gemeinsam mit Google an der Standardisierung, wollen quasi ein Gesten-Alphabet erstellen“, erzählt Andreas Urschitz. Um mit einer Prise ihm grundsätzlich fremd scheinendem Pathos zu ergänzen: „Wir stehen hier tatsächlich vor einer Revolution.“ Wann die Ausprägungen dieser beim Endkunden ankommen? „Es geht um die nächsten zwei, drei Jahre.“

Bekenntnis zum Grazer Standort

Grundsätzlich findet ein Gespräch mit Andreas Urschitz eher in der Zukunft statt. Es geht um Entwicklung, um neue Technologien, um tatsächliche „Innovation“, ein manchmal zu Unrecht belächeltes Wort.
Und so spricht der Kärntner von Drucksensoren, die Höhenunterschiede von fünf Zentimetern erkennen, und erzählt von der Entwicklung eines Gassensors. Dieser könne gewissermaßen „riechen“ – und Feinstaub- oder CO2-Werte exakt erfassen. Auch an Schnellladestationen für Drohnen arbeitet der Konzern. In „fünf bis sieben Minuten“ könnte dann das Fluggerät nach einer Zustellung wieder geladen und einsatzbereit sein.

Übrigens: Zum Infineon-Standort Graz, einem Kompetenzzentrum für Sicherheitstechnik und Automotive-Komponenten, gibt Urschitz ein Bekenntnis ab: „Ja, wir beabsichtigen, den Standort weiterzuforcieren.“