In Kärnten wird man nervös. Versteiften sich Landespolitiker noch vor wenigen Tagen darauf, beim Verkauf der Hypo "das beste Geschäft zum besten Zeitpunkt" gemacht zu haben, so ist man sich dessen nun nicht mehr ganz so sicher. Die Landesholding, zivilrechtliches Vehikel der Landesregierung und Verkäuferin der Hypo-Anteile, klopfte gestern bei Unternehmensrechts-Experten Christian Nowotny an und bestellte ein Gutachten.

650 Millionen Euro?

Inhalt: Können die Bayern wirklich Schadenersatz verlangen? Denn eines steht fest: "Schon länger sind zwei namhafte deutsche Kanzleien mit der Prüfung zivilrechtlicher Ansprüche beauftragt", sagt Thomas Neumann, Sprecher des Finanzministeriums. Gegen Ex-BayernLB Chef Werner Schmid, die Ex-Hypo Manager Tilo Berlin und Wolfgang Kulterer aber auch gegen die Kärntner Landesholding könnten sich die Ansprüche richten. "Über mögliche Summen, die geklagt werden, machen wir aber keine Angaben". Sollten aber tatsächlich jene 650 Millionen Euro fällig werden, von denen in Medien berichtet wird, wäre Kärnten binnen weniger Wochen zum zweiten Mal in argen finanziellen Nöten.

Doch wie stehen die Chancen der Bayern tatsächlich, Schadenersatz zu erhalten? Für den Klagenfurter Jus-Professor Friedrich Rüffler und den OGH-Richter Georg Kodek ist die Angelegenheit eine Frage mit "mehreren Unbekannten". "Wurde etwa etwas verschwiegen, worüber man erwarten darf, im redlichen Verkehr aufgeklärt zu werden?", fragt Rüffler. Unter Vorbehalt nennt Kodek die zahlreichen ausländischen Leasinggesellschaften der Hypo. "Hier hatte man bei der Prüfung die Unterlagen. Aber vor Ort wurde wohl kaum Nachschau gehalten." Ein zu hoher Preis an sich sei hingegen lediglich ein wirtschaftliches Problem, kein rechtliches.

Das rustikale Diktum von Uwe Scheuch, dem Parteichef der Freiheitlichen in Kärnten, wonach "die die Tockern sind, die die Bank kaufen und nicht jene, die die Bank verkaufen", könnte noch zum Boomerang werden. "Dann nämlich, wenn die Bayern für dumm verkauft wurden", wie eine andere Schadenersatz-Expertin anmerkt. Dass in Bayern jetzt mit Hochdruck gearbeitet wird, hat aber nicht nur politische Gründe. Im Frühjahr 2007 begannen die Bayern mit der Prüfung der Hypo. Schäden, die damals aus den Büchern ersichtlich gewesen wären, verjähren in den nächsten Monaten.

Staatsanwälte im Einsatz

Eine Absage erhielten gestern alle, die eine Verstärkung für den mit der Hypo-Causa betrauten Staatsanwalt Andreas Höbl fordern. "Weder wird die Sache von der Staatsanwaltschaft Wien abgezogen, noch wird ein zweiter Staatsanwalt hinzugezogen", heißt es aus dem Justizministerium. Zum Vergleich: In München arbeiten mittlerweile sieben Staatsanwälte an der Aufklärung des Kriminalfalls Hypo. Immerhin: Der Finanzexperte, der demnächst die österreichischen Justizbehörden unterstützen wird, soll schon gefunden sein.

Dass gegen Ex-Hypo Vorstand Tilo Berlin bereits ein Haftbefehl in Vorbereitung sei, wird nicht bestätigt. "Das würden wir aber schon deswegen nicht tun, weil es einer Aufforderung gleich käme, das Land zu verlassen", so ein Sprecher des Justizministeriums. Berlins Büro betonte gestern via Aussendung, dass alle Vorgänge, an denen er beteiligt war, korrekt und im Einklang mit den Gesetzen abgelaufen seien.