Das Sozialministeriumservice (SMS) fördert unter dem Titel NEBA- und Ausbildungsfit-Maßnahmen einige Programme, die Jugendliche und junge Menschen für den ersten Arbeitsmarkt fit machen sollen, darunter fallen etwa Jugendcoaching, Jobcoaching, Arbeits- und Berufsassistenz. Die Coaches dabei sind nicht zwangsläufig Psychologen. Die psychischen Probleme junger Menschen nehmen seit der Pandemie aber, wie immer wieder ausführlich berichtet, generell deutlich zu.

Etwa 1500 Teilnehmer pro Jahr

"Es gab in den SMS-Projekten also schon länger den Wunsch nach einem ergänzenden Angebot für die Teilnehmer auf psychologischer Ebene", sagt Angelina Koschel vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP). Im April 2022 konnte dieses Angebot mithilfe einer Förderung des Sozialministeriums (2,5 Millionen Euro) als #change-Projekt vom BÖP auf die Beine gestellt werden. Bis zum Ende des Vorjahres haben dabei rund 1500 junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren im Ausmaß von 20 Stunden (mit Verlängerung maximal 30 Stunden) Hilfe von klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen bekommen. Für heuer ist bei einer Fördersumme von 2,9 Millionen Euro eine ähnliche Teilnehmeranzahl zu erwarten, wie Koschel als Projektleiterin von #change sagt.

Tina Holzer hat als klinische und Gesundheitspsychologin in Wien mittlerweile 36 Jugendliche im Rahmen von #change begleitet und sagt: "Die Bandbreite der Probleme, die die Jugendlichen, zum Teil auch mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge, haben, ist groß. Wir arbeiten in jedem Fall stark daran, dass sie ihre persönliche Stabilität finden. Die meisten reagieren mit großer Dankbarkeit, weil ihnen jemand zuhört, ohne dabei zu werten, und sie auch ernst nimmt."

"Ich bin teamfähiger geworden"

Nehmen wir etwa Ivan, 18 Jahre alt und in Kaufmannslehre in einem Lebensmittelmarkt. Im Vorjahr hat man ihm angeboten, wie er sagt, am #change-Projekt teilzunehmen, weil seine Aggressionsausbrüche zunahmen. "Ich hatte privat Stress und in der Arbeit war viel zu lernen", erinnert er sich zurück. Tina Holzer habe er erzählen können, wie es ihm geht. "Wir haben nach Lösungen gesucht, wie ich mit Aggressionen besser umgehen kann." Heute würden ihm Kollegen sagen, dass sich seine Laune deutlich verbessert habe. "Ich bin teamfähiger geworden, sehe nicht alles gleich als persönlichen Angriff." Bei Ivan zeigt sich freilich ein idealer Verlauf. Es gibt auch andere Fälle, in denen 20 bis 30 Stunden mit den Psychologen nicht genug Hilfe sind. "Da vermitteln wir weiter", wie Koschel und Holzer sagen.

Weniger Krankenstand, weniger Tabletten

In Summe zeigt die Evaluierung des #change-Projektes durch die Universität Wien aber, dass das kostenlose Angebot von psychologischer Beratung und Behandlung ein voller Erfolg ist. Tatsächlich reduzierte sich die Anzahl der Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer signifikant, auch der Bedarf an Psychopharmaka ging zurück. Die meisten Teilnehmer nannten Veränderungen in ihrem Gesundheitsverhalten wie "mehr Sport, mehr Bewegung, bessere Ernährung" und berichteten von einer Verbesserung der allgemeinen Leistungsfähigkeit. Die Behandlungen wurden von den Absolventinnen und Absolventen großteils als "hilfreich" eingestuft.

Nachhaltige Wirkung kurzer Interventionen

Zur Ausgangslage muss man wissen: 48 Prozent der Teilnehmer am #change-Projekt waren in den letzten drei Monaten vor der Aufnahme ins #change-Projekt mindestens einmal aufgrund psychischer Beschwerden im Krankenstand. "Die Evaluierung zeigt, dass man durch kurze und mittelfristige Behandlungen das Leben der Jugendlichen signifikant und nachhaltig verbessern kann", sagt Koschel. Wichtig für den Erfolg sei, dass das Angebot niederschwellig ist – mit Kennenlern-Workshops und Gruppenangeboten, "weil es eben noch immer einige Vorbehalte gegenüber der psychologischen Behandlung gibt".