Seit 47 Jahren berechnen die Ökonomen des Austrian Economics Center (AEC) und des Hayek Instituts, wie lange Österreicherinnen und Österreicher in einem Jahr statistisch gesehen arbeiten müssen, bis sie genug verdient haben, um alle Abgaben und Steuern an den Staat bezahlen zu können. Das ist die Basis für den „Tax Freedom Day“, der heuer laut Prognose auf den 15. August fällt. Bis dahin sind knapp 62,5 Prozent des Jahres vergangen. In der ersten Jahreshälfte lag der Tax Freedom Day seit Beginn der Berechnungen noch kein einziges Mal, in den vergangenen Jahren hat er sich weiter nach hinten verschoben, erklärt Martin Gundinger vom AEC.

Österreich im Spitzenfeld

Vertreter der Jungen Wirtschaft und Industrie in der Steiermark nehmen den Tax Freedom Day zum Anlass, auf die relativ hohen Steuern und Abgaben auf Arbeit in Österreich hinzuweisen. Lohn- und Lohnnebenkosten liegen hierzulande bei 46,8 Prozent, der OECD-Schnitt beträgt 34,6 Prozent. Nur Frankreich, Deutschland und Belgien besteuern Arbeit noch stärker als Österreich.

Die erste Jahreshälfte wird angepeilt

Dominik Santner, Landesvorsitzender der Jungen Industrie, sagt: „Die meisten kennen den Unterschied zwischen Brutto- und Nettolohn. Was schon weniger bekannt ist, sind die Abgaben, die der Arbeitgeber zusätzlich noch zu leisten hat. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Wenn jemand 3000 Euro brutto verdient, kostet das das Unternehmen knapp 4000 Euro. Der Arbeitgeber muss 4000 Euro erwirtschaften, damit sich das ausgeht, übrig bleiben nur etwa 2000 Euro netto.“

Aus Sicht der Jungen Industrie und der Industriellenvereinigung ist die Abgabenquote viel zu hoch. „Das schadet dem Standort Österreich massiv – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels.“ Christian Wipfler, Landesvorsitzender der Jungen Wirtschaft ergänzt: „Wir fordern, dass sich das Blatt endlich wendet. Wie in anderen Ländern auch, sollte der Tax Freedom Day in die erste Jahreshälfte vorrücken. In einer guten Beziehung trifft man bekanntlich ein Halbe-halbe-Übereinkommen.“

Kalte Progression "ganz" abschaffen

Als ersten Ansatz fordern Santner und Wipfler die „tatsächliche Umsetzung der angekündigten Abschaffung der kalten Progression“. Der Fairness halber müsse man ja sagen, dass die kalte Progression nur zu zwei Dritteln abgeschafft wurde, über ein Drittel kann der Staat frei verfügen. Die kalte Progression steht aber im Zusammenhang mit der Inflationsrate, wie Gundinger erklärt. Wenn die Inflationsrate, wie aktuell, das Fünffache des Zielwertes von zwei Prozent beträgt, sei auch der Effekt der kalten Progression fünfmal so hoch.

Soll heißen: Das eine Drittel, über das der Staat noch frei verfügen kann, ist tatsächlich mehr Geld, als früher mit der gesamten kalten Progression zusammenkam. Als zweites Argument für die Abgabensenkung nennt der Ökonom positive Effekte auf die Inflation durch eine Erhöhung der Produktivität. Momentan gehe es politisch aber in eine produktivitätshemmende Richtung.