Die Meldepflicht für Händler gilt ab dem vierten Quartal ab einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmetern bzw. ab fünf Verkaufsstellen. Sie soll laut Ministerin Leonore Gewessler (Grüne), "klarer Anreiz zu spenden" sein und so Lebensmittelverschwendung minimieren.

Einmal pro Quartal sind große Lebensmittelhändler und Supermarktketten dann verpflichtet, dem Umweltministerium zu melden, wie viele Lebensmittel sie weggeworfen haben und wie viele gespendet wurden. "Es kann nicht sein, dass in Zeiten der Teuerung, in denen viele Menschen nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen, Tausende Tonnen Lebensmittel einfach weggeworfen werden", argumentierte Gewessler in einem Statement gegenüber der APA. Die Neuregelung im Abfallwirtschaftsgesetz schaffe Transparenz und sei eine klare Ansage gegen Lebensmittelverschwendung, denn Unternehmen werden angehalten, ihre noch genusstauglichen Lebensmittel zu spenden und Abfälle zu vermeiden.

Viel mehr Bürokratie

Aus Sicht des Handelsverbands ist die am Mittwoch beschlossene Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) eine Themaverfehlung und keine Lösung für das "grundsätzliche Problem" der Lebensmittelverschwendung, zu dem der Handel nur fünf Prozent beitrage. Die Meldepflicht weggeworfener und gespendeter Lebensmittel erzeuge vor allem einen bürokratischen Mehraufwand für hunderte österreichisches Nahversorger.

Endverbraucher sensibilisieren

"Leider verkennt das Umweltministerium in der Lebensmittel-Wertschöpfungskette einmal mehr, wer tatsächlich für die Lebensmittelverschwendung verantwortlich zeichnet. Laut Studien stammen 53 Prozent der Lebensmittelabfälle im Rest- und Biomüll aus privaten Haushalten, 30 Prozent aus der Landwirtschaft und 12 Prozent aus der Gastronomie. Im Vergleich dazu ist der Handel nur für rund fünf Prozent verantwortlich. Daher braucht es endlich entsprechende Anreize und Sensibilisierungsmaßnahmen beim Endverbraucher", sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will im Namen der betroffenen Lebensmittelhändler.

70.834 Tonnen Lebensmittelabfall vermeidbar

Dank der Initiative "Lebensmittel sind kostbar", einer freiwilligen Vereinbarung zwischen Supermärkten und dem Ministerium, werden Lebensmittel bereits gegenwärtig an soziale Organisationen wie die Tafeln weitergegeben und somit rund 20.000 Tonnen Lebensmittel vor der Verwandlung in Abfall gerettet. Trotzdem gehen Schätzungen von 70.834 Tonnen an vermeidbaren Lebensmittelabfällen im Handel aus.

900 Unternehmen betroffen

Der Initiativantrag zur AWG-Novelle betrifft geschätzt 900 Unternehmen in Österreich. Die vierteljährlichen Meldungen müssen erstmals für das vierte Kalenderquartal 2023, bis zum 10. Februar 2024, erfolgen. Sowohl die Masse an Lebensmitteln, die kostenlos zum menschlichen Verzehr weitergegeben wird, wie auch jene, die als Abfall entsorgt wird, soll gemeldet und dann vierteljährlich in einem Bericht der Öffentlichkeit präsentiert werden. Mikrounternehmen und Lebensmittelproduzenten, die durch Direktabsatz Lebensmittel vertreiben, wie etwa Bauern, sind von der Regelung nicht erfasst.

Sozialeinrichtungen mehr unterstützen

Der Handelsverband bemängelte zudem die nicht ausreichende zeitnahe Unterstützung der heimischen Sozialeinrichtungen durch öffentliche Mittel, der Großteil der Infrastruktur käme von privaten Spendern. Die größten vier heimischen Lebensmitteleinzelhändler spendeten Jahr für Jahr Waren in dreistelliger Millionenhöhe an die Sozialeinrichtungen.

Den Sozialeinrichtungen fehle es teilweise sogar an den Ressourcen, um die gespendeten Waren überhaupt abholen zu können. "Durch verbesserte Bestellsysteme werden die abzuholenden Lebensmittel im Einzelhandel mengenmäßig immer kleiner, der Aufwand der Abholung für die Sozialeinrichtungen ist für den Output aber vergleichsweise hoch", erläuterte der Handelsverband.

Mehr Rechtssicherheit gefordert

Abschließend brauche es laut der Interessensvertretung mehr Rechtssicherheit für Sozialeinrichtungen, indem diese - ähnlich wie in Italien - nicht für Mängel von Produkten haftbar gemacht werden können, die sich nach bestem Wissen weitergegeben haben. Und auch der Handel brauche mehr Rechtssicherheit, denn vom Gesetz her müssten Lebensmittel vor der Weitergabe als Verderb deklariert werden, um die Vorsteuer anwenden zu können. Dadurch dürften sie aber eigentlich auch nicht mehr über Sozialeinrichtungen in Verkehr gebracht werden, kritisierte der Handelsverband diesen "rechtliche Graubereich".