Die Porsche SE hat sich im Rechtsstreit mit Anlegern über Schadenersatz im Zusammenhang mit dem Dieselskandal bei Volkswagen in einem wichtigen Punkt durchgesetzt. Die VW-Großaktionärin sei nach Auffassung der Richter nicht verpflichtet gewesen, den Kapitalmarkt schon im Juni 2008 über die Abgasmanipulation bei VW-Dieselfahrzeugen zu informieren, erklärte das OLG Stuttgart am Mittwoch.

Die Vernehmung der bis Ende 2009 amtierenden Vorstandsmitglieder der Porsche SE (PSE) Wendelin Wiedeking und Holger Härter hätte keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese die illegalen Abschalteinrichtungen kannten oder darüber hätten Bescheid wissen müssen.

Anleger erlitten Kursverluste

Hunderte Anlegerinnen und Anleger beklagen, die Porsche SE habe den Kapitalmarkt zu spät über den im September 2015 aufgedeckten Dieselabgasskandal bei Volkswagen informiert. Ihnen seien durch zu teuren Erwerb von PSE-Aktien Kursverluste entstanden. Das Klagevolumen beläuft sich auf 929 Millionen Euro. Der OLG-Entscheid im Kapitalanleger-Musterverfahren kann vor dem deutschen Bundesgerichtshof (BGH) angefochten werden.

Musterkläger ist ein Pensionsfonds der britischen Stadt Wolverhampton. Nach Auffassung der Investoren hätte die PSE sowohl in den Anfängen des Abgasskandals 2008, als die Abschalteinrichtungen eingebaut wurden, als auch in der Phase der Aufdeckung durch US-Behörden in den Jahren 2014 und 2015 per Ad-hoc-Mitteilung über Dieselgate informieren müssen.

Was mussten Porsche-Vorstände wissen?

Prinzipiell habe die PSE eine Veröffentlichungspflicht über Vorgänge bei ihrem Hauptinvestment Volkswagen, erklärte das OLG. Zu klären war auch, ob das Wissen des VW-Vorstandes auch der Führung der PSE bekannt sein musste. Hintergrund ist die Besonderheit, dass einige Spitzenmanager traditionell Doppelfunktionen haben bei Volkswagen und seinem größten Aktionär PSE. So war der frühere VW-Chef Martin Winterkorn zur Zeit des Dieselskandals zugleich Vorstandschef bei der Porsche SE. Nach Auffassung des OLG musste das Wissen der PSE nicht zugerechnet werden, weil für die Vorstandsmitglieder seitens Volkswagens eine Verschwiegenheitspflicht galt. Daher könne offen bleiben, ob die Umstände der Aufdeckung des Dieselskandals 2014 und 2015 eine Insiderinformation darstellten.

Schadstoffausstoß viel höher

Gegen Volkswagen läuft ebenfalls ein Kapitalanleger-Musterverfahren zu Anlegerklagen am OLG Braunschweig. VW hatte bei weltweit rund elf Millionen Diesel-Pkw illegale Abschalteinrichtungen eingebaut, die ein Einhalten von Stickoxid-Grenzwerten auf dem Prüfstand von Behörden vorgaukelten, auf der Straße war der Schadstoffausstoß viel höher.