Risiko ist das Geschäft von Thomas Hlatky. Genauer gesagt, dessen Abschätzung und Vermeidung. Er bewegt die Computermaus über seinen aufgeräumten Schreibtisch und freut sich, als Hora 3D tut, wozu es in Tausenden Arbeitsstunden programmiert worden war: Es simuliert an einer ausgesuchten Adresse ein 300-jährliches Hochwasser und lässt den Pegelstand eines Baches um mehrere Meter steigen. Binnen Minuten stehen angrenzende Häuser unter Wasser. Virtuell, wohlgemerkt.

Doch die Gefahr ist real, betont Hlatky. Und besagte Adresse nicht erfunden. "Das ist ein Neubau – hier, wo die Bewohner ihre Terrassen haben, würde das Wasser stehen. Auch Keller und Tiefgarage wären geflutet."

Schritt von der Zwei- in die Dreidimensionalität

Hlatky ist Chef der Rückversicherung bei der Grazer Wechselseitigen. Im Versicherungsverband zeichnet er für das Projekt Hora verantwortlich. Der Name leitet sich nicht von Horror ab, sondern ist die Abkürzung für "Hazard Overview & Risk Management", also: Gefahrenüberblick und Risikomanagement. Eine interaktive Landkarte der Naturgefahren, die jeder und jede im Internet kostenlos nutzen kann. Mit wenigen Klicks unter www.hora.gv.at lassen sich für jede Adresse in Österreich Risiken durch Naturgewalten wie Hochwasser, Hagel, Erdbeben, Lawinen und Schneelast simulieren. Ab 2007 wurde die Plattform mit dem Zentrum für Virtuelle Realität und Visualisierung aufgebaut. Sie soll allen dienen, die ein Haus bauen oder eine Immobilie kaufen wollen. Behörden kann Hora eine wichtige Richtschnur beim Katastrophenschutz sein, Einsatzorganisationen kann sie Informationen liefern.

© www.hora.gv.at

War Hora bisher schon "weltweit einzigartig", wie Hlatky betont, so steht das Angebot kurz vor einem weiteren Meilenstein und vor dem Schritt von der Zwei- in die Dreidimensionalität. Die Simulationen werden damit anschaulicher und wirklichkeitsnäher – Gefahren und Risiken durch Naturgewalt auch eher begreifbar, glaubt Hlatky. "Es tun sich viele Menschen schwer, Karten richtig zu lesen. Bei der Simulation eines Hochwassers bei einem Wohnhaus in 3D erkennt jeder sofort die Auswirkung." Bei einer Testgruppe habe die 3D-Version für begeisterte Reaktionen gesorgt – mancher fühlte sich an Videospiele erinnert. Auch wenn der Hintergrund aber ein ernster bleibt ("Bei einigen Szenarien ist es eine Frage der Zeit, bis sie eintreffen"), sieht Hlatky dies positiv – der Fortschritt werde die Zugriffe steigern. "Und damit das Risikobewusstsein."

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Neue Features und Weiterentwicklungen

Die Anwendung basiert auf der Cloud-Software Visdom, die "enorme Rechenleistung" (Hlatky) bei der 3D-Visualisierung laufe über Server des Bundesrechenzentrums, an Endgeräte würden keine speziellen Anforderungen gestellt. Hora 3D hätte eigentlich schon vor einem Jahr live gehen sollen, die Pandemie und kaputte Lieferketten haben dies verzögert. "Das hat aber etwas Gutes", so Hlatky, "denn nun wurden Features eingebaut, die nicht geplant waren." Anwendern bietet sich nicht nur eine realitätsnahe Simulation, sie bekommen auch viele Daten mitgeliefert. Zum Beispiel, wie schnell und wie hoch sich Wasser (je nach Szenario) bei dem ausgewählten Objekt (Haus) ausbreitet, wo das Wasser schneller und wo es langsamer fließt – und wie Schutzmaßnahmen wirken würden. Spätestens im Juni soll Hora 3D verfügbar sein, vorerst für die Darstellung von Hochwasser. "Wir arbeiten bereits an Hora 3D für andere Naturgefahren wie zum Beispiel Schneelast", so Hlatky.

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