Die von Inflation und Materialknappheit gebeutelten deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im September überraschend stark hochgefahren. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen um 0,6 Prozent mehr her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Ökonomen hatten nur mit plus 0,2 Prozent gerechnet, nachdem die Produktion im August um revidiert 1,2 Prozent gedrosselt worden war.

"Aber der jüngste Einbruch der Auftragseingänge sowie das seit Monaten fallende ifo-Geschäftsklima deuten weiter auf eine Rezession im Winterhalbjahr", erklärte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. "Diese dürfte jedoch nicht so tief ausfallen wie bei der Coronakrise, solange gut gefüllte Gaslager und hohe Gaslieferungen eine Rationierung von Gas unwahrscheinlich machen."

"Ausblick auf kommende Monate bleibt eingetrübt"

Im Vergleich zum September 2021 lag die Produktion nun um 2,6 Prozent höher. Im gesamten Sommer gab es ein Plus von 0,5 Prozent zum Vorquartal. "Gleichwohl bleibt der Ausblick auf die kommenden Monate eingetrübt", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Die Stimmung in den Unternehmen sei weiter "deutlich unterkühlt und die Nachfrage spürbar rückläufig".

Während die Industrie ihre Produktion im September um 0,7 Prozent erhöhte, legte der Energiebereich – nach einem kräftigen Minus im August – um 1,7 Prozent zu. Die Produktion in den energieintensiven Branchen sank allerdings um 0,9 Prozent zum Vormonat und um 9,7 Prozent zum Vorjahr. "Das ist gemessen an den Rahmenbedingungen gar keine schlechte Zahl gewesen", sagte Jens-Oliver Niklasch von der LBBW, fügte aber hinzu. "Der massive Rückgang in den energieintensiven Branchen dürfte die Diskussion um eine drohende Deindustrialisierung weiter anheizen." Die Hoffnung liege jetzt auf der Energiepreisbremse, ergänzte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. "Kommen Industriebetriebe in den Genuss niedrigerer Strom- und Gaspreise, könnte dies im kommenden Jahr positiv auf die Produktionsentwicklung abfärben."

Wachstum besser als befürchtet

Das Produktionsplus im September sei ein "Hoffnungsschimmer" und eine Erklärung für das besser als erwartete Wachstum der gesamten deutschen Wirtschaft von 0,3 Prozent im dritten Quartal, erläuterte Gitzel. "Gleichzeitig keimt Hoffnung, dass die wieder besser funktionierenden Lieferketten auch im Schlussquartal Früchte tragen." Wäre dies der Fall, könne der wegen der hohen Inflation nachgebende private Konsum zumindest etwas ausgeglichen werden.

Zuletzt hatten sich die Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft gehäuft, der laut Bundesbankchef Joachim Nagel wahrscheinlich eine technische Rezession droht – also zwei Quartale mit schrumpfendem Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Folge. Die Auftragseingänge waren im September um 4,0 Prozent eingebrochen. Und die hohen Energiepreise und die globale Konjunkturflaute setzen auch den Exporteuren zu: Die Ausfuhren schrumpften im September um 0,5 Prozent. Das Konjunktur-Barometer von Börsianern für Deutschland, der Sentix-Index, stieg zwar im November um 7,4 Punkte auf minus 30 Zähler. "Alles in allem aber noch keine Trendwende", bilanzierte Geschäftsführer Manfred Hübner von der Investment-Beratungsfirma Sentix.