Es ist eine rasch wachsende Zunft in Österreich. Jene Männer und Frauen, die per Fahrrad Essen zustellen oder andere Liefertätigkeiten erledigen. Mit der Nachfrage stiegen in der jungen Branche auch Personalbedarf und Umsätze. Vor allem die Coronakrise und damit verbundene flächendeckende Lockdowns sorgten für Höhenflüge.

Und diese hielten durchwegs an. "Wir hatten den stärksten September unserer Geschichte", erzählt etwa Jonathan Stallegger, Gründer des Grazer Essensauslieferers Velofood, der sich in der steirischen Hauptstadt primär mit Mjam und Lieferando matcht. Stallegger will sich von diesen künftig nicht nur durch einen betont nachhaltigen Fokus – etwa was Verpackungen betrifft – und eine stärker vorsondierte Restaurantlandschaft abheben, sondern auch in seiner Rolle als möglichst flexibler Arbeitgeber.

"Ab sofort können es sich unsere Botinnen und Boten aussuchen, ob sie selbstständig arbeiten wollen oder angestellt werden", erzählt Stallegger. Sein Ziel ist es, bis November zumindest 30 angestellte Radler durch die Stadt düsen zu lassen. Diesen wird Bekleidung und Fahrrad gestellt und ein Entgelt bezahlt, das über dem Kollektivvertrag liegt. Im Gegenzug gibt es fixe Dienstzeiten und fix zugeteilte Aufträge. Die Selbstständigen sind mit eigenen Betriebsmitteln unterwegs und werden auch künftig weiter selbst entscheiden, welche und wie viele Aufträge sie ausliefern.

Velofood-Gründer Jonathan Stallegger
Velofood-Gründer Jonathan Stallegger © Jürgen Fuchs

Velofood will mit der freiwilligen Zweiteilung einerseits möglichst maßgeschneidert auf die Bedürfnisse einer tendenziell studentischen Belegschaft eingehen. Andererseits ist es auch Zeugnis von sich ändernden Rahmenbedingungen in der Branche. Seit 1. Jänner 2020 gibt es einen Kollektivvertrag für Fahrradzusteller, das Bruttomindestgehalt liegt heute bei 1592,87 Euro. Erst zu Jahresbeginn handelten Vertreter von Gewerkschaft und Wirtschaftskammer zudem einen 50-prozentigen Sonntagszuschlag für Boten aus, die Speisen aus der Gastronomie zustellen.

Dennoch scheint die Mehrheit der Zustellerinnen und Zusteller in Österreich vorerst nicht angestellt zu sein. Das legt zumindest eine im Juli publizierte Umfrage des Europäischen Zentrums für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung nahe. Der Erhebung zufolge sind 60 Prozent der Fahrradbotinnen und -boten freie Dienstnehmer, rund 33 Prozent Angestellte. Während die meisten mit den Arbeitsbedingungen eher zufrieden als unzufrieden sind, verhält es sich bei der Bezahlung genau umgekehrt.