An den heimischen Tankstellen findet sich zurzeit eine verkehrte Welt. Die Preise stehen kopf. Und zwar nicht, weil sie außergewöhnlich hoch oder niedrig wären, sondern weil Diesel schlichtweg deutlich mehr  kostet als Normalbenzin.

"Eine so große Preisdifferenz haben wir noch nie beobachtet", sagt gar Martin Grasslober, Verkehrswirtschaftsexperte beim Öamtc. Am Dienstag lag der Mittelwert von einem Liter Diesel hierzulande bei 1,963 Euro, während man für einen Liter Benzin gerade einmal 1,719 Euro zahlte. Und das, obwohl Diesel in Österreich nach wie vor steuerlich begünstigt ist. In der Vergangenheit zahlten Dieseltankende daher im Normalfall weniger als Menschen, die auf Benzinmotoren setzen.

Abschied vom Gas sorgt für hohe Nachfrage

Was aber sind die Gründe für diese seltsam anmutende Umkehr? Nun, so viel sei gleich verraten, verantwortlich dafür zeichnet eine Mischkulanz. "Die Preise für Gasöl sind stark gestiegen und liegen deutlich über Benzin", führt etwa Harald Leitner, Geschäftsführer des steirischen Energieunternehmens "F. Leitner", einen wesentlichen Grund an. International gehandeltes Gasöl bildet die Berechnungsgrundlage für Heizöl- und Dieselpreise, gestiegen seien die Preise im Einklang mit einer höheren Nachfrage, sagt Leitner. Viele große Energieverbraucher hätten schließlich von Gas auf Öl umgestellt, eigentlich: umstellen müssen. 

"Wir sind von Dieselimporten abhängig und haben zurzeit teilweise schlichtweg zu wenig Diesel für den hohen Bedarf", ergänzt Öamtc-Experte Grasslober. Zehn Milliarden Liter Sprit würden in Österreich pro Jahr vertankt, acht Milliarden Liter davon Diesel. Warum die Versorgung teils hinkt? Auf Importseite fiel mit Russland ein gewichtiges Land weg, andere Länder wie Ungarn agieren in der Ausfuhr zunehmend rigider, niedrige Wasserpegel wichtiger Flüsse erschweren die innereuropäische Logistik – und nicht zuletzt läuft es in der OMV-Raffinerie in Schwechat weiter alles andere als rund. Seit Mitte April befindet sich die Raffinerie in einem Wartungsstillstand.

Summa summarum führen all diese Umstände nicht nur zu aktuell sehr hohen Dieselpreisen, sondern auch zu ersten veritablen Versorgungsproblemen. Vereinzelt ging Tankstellen in Niederösterreich, Salzburg, Kärnten und Oberösterreich zwischenzeitlich gar der Sprit aus.