Die Inflation in der Türkei ist weiter ins Unvorstellbare gestiegen. Im Juni erhöhten sich die Lebenshaltungskosten gegenüber dem Vorjahresmonat um knapp 80 Prozent. Im Mai hatte die Teuerungsrate rund 74 Prozent betragen.

Vor allem Transport und Lebensmittel haben sich enorm verteuert. Auch Alkohol ist erheblich teurer geworden. Eine Flasche des typisch türkischen Raki-Schnaps kostete Ende vorigen Jahres noch etwas mehr als zehn Euro, jetzt fast doppelt soviel. Hintergrund hier ist allerdings eine massive Steuererhöhung: Alkoholische Getränke werden in der Türkei stark besteuert.

Opposition: "Die Inflation ist weit höher"

Die Opposition wirft der Regierung vor, die Inflationszahlen zu schönen und geht von einer noch höheren Rate aus. Die in Istanbul ansässige Inflationsforschungsgruppe Enag bezifferte die Teuerung für Juni im Jahresvergleich sogar mit 175,55 Prozent.

Für die Menschen im Land wird es immer schwerer, ihren täglichen Bedarf zu decken. Viele verdienen nur den Mindestlohn. Der wurde zwar Anfang des Jahres angehoben, gleicht die Inflation aber nicht annähernd aus. Er liegt im Moment bei umgerechnet 250 Euro pro Monat.

Die Inflationsrate in der Türkei wird durch mehrere Faktoren getrieben. Seit Längerem sorgt die schwache Landeswährung Lira für erheblichen Preisauftrieb, da in die Türkei importierte Güter dadurch verteuert werden. Auch steigen die Preise vieler Rohstoffe, nicht zuletzt wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Die türkische Notenbank stemmt sich nach Meinung vieler Ökonomen zudem nicht entschlossen genug gegen die hohe Teuerung. Vielmehr haben die Währungshüter ihre Geldpolitik seit vergangenem Sommer gelockert. Nach gängiger ökonomischer Lehre kann eine Erhöhung der Zinsen der Inflation entgegenwirken. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan argumentiert hingegen, dass hohe Zinsen Inflation verursachen. Die Notenbank folgt Erdoğans Linie und verzichtet bis jetzt auf Zinserhöhungen. Sie hält den Leitzins seit Jänner bei 14 Prozent.