"Sie verrechnen einen Stundenlohn von 22 bis 35 Euro, das ist ein unmoralisches Angebot", sagt Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender, Gewerkschaft Bau-Holz am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Alexander Safferthal von der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer. Die Rede ist von jenen Arbeitskräften, die laut Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern in Form einer Scheinselbstständigkeit auf Österreichs Baustellen tätig sind. "Sie können zum Großteil nicht Deutsch, haben kein Werkzeug und auch kein Material, werden aber als 'Einzelmeister' angeboten", kritisiert Muchitsch. In Wahrheit handle es sich um ganz normale Arbeitsverhältnisse.
Die Arbeitskräfte kommen hauptsächlich aus Ländern am Westbalkan, so Muchitsch. Entsandt würden sie aber großteils aus Slowenien, wo sie angemeldet werden. "Slowenien entwickelt sich so immer mehr zum Umschlagplatz für illegale Entsendungen von Nicht-EU-Bürgern", kritisiert der Gewerkschafter. Konkret würden 36 Prozent aller Entsendungen solcher Arbeitskräfte nach Österreich bereits über das Nachbarland erfolgen, 73 Prozent davon wiederum seien eben Nicht-EU-Bürger. 2019 waren es konkret 211.000 Köpfe, zehn Prozent davon waren auf Baustellen im Einsatz. Da es bei vielen aber zu Mehrfachentsendungen gekommen sei, seien es in Summe 5,8 Millionen Einsätze.
"Auch viele Firmen sind verleitet"
Es muss aber auch jemanden geben, der bereit ist, diese Menschen zu beschäftigen. "Durch die Überhitzung am Baumarkt, Fachkräftemangel und hohe Kosten sind nicht nur Private, sondern auch viele Firmen verleitet, solche Arbeitskräfte zu beschäftigen", räumt Safferthal ein. Arbeitsrechtlich seien es aber keine Subunternehmer, sondern handle es sich um eine normale Dienstleistung. Kontrollen würden zwar abschrecken, aber nichts verhindern. "Wir müssen den Facharbeitermangel irgendwie in den Griff bekommen, aber nicht mit Löhnen, die in Osteuropa üblich sind", erklärt Safferthal.
Die Regierung hat am Montag in einer zeitgleichen Pressekonferenz die Kontrollen gegen Lohn- und Sozialdumping gelobt. Wird also doch ausreichend kontrolliert? "Wir können gar nicht so viel kontrollieren, dass Lohn- und Sozialdumping nicht stattfindet. Kontrollen schrecken ab, verhindern aber nichts, wenn es keine Sanktionen gibt", ist Muchitsch überzeugt. Es müsse darüber nachgedacht werden, wie man schon vorher eingreife kann. Schon 2019 habe man eine Klage in Bezug auf "solche Machenschaften" eingebracht. Sie liege seit drei Jahren in Brüssel.
Finanzminister kündigt Kontrollen an
Finanzminister Magnus Brunner und Arbeitsminister Martin Kocher haben den Kontrollplan im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping in Österreich präsentiert. 1300 Unternehmenskontrollen sind vorgesehen. Mit besonderem Fokus auf die Bereiche Bau- und Baunebengewerbe, Transport- und Paketdienstleister sowie den Lebensmittelhandel. "Zum fairen Wettbewerb gehört es auch, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fair und korrekt entlohnt werden – vor allem in dieser Zeit der steigenden Preise. Wir müssen Lohn- und Sozialdumping bekämpfen und vor allem in jenen Branchen verhindern, die während der Pandemie profitiert haben", so Finanzminister Brunner.
1808 Strafanträge
Es sei wichtig, so Arbeitsminister Kocher, dass Lohn- und Sozialdumping bestraft werde. Denn "Unterbezahlung, falsche Angaben und missbräuchliche Inanspruchnahme der Kurzarbeit würden nicht nur den Mitarbeitern schaden, sondern auch Standort und Budget". Bestraft werde auch, 2021 seien rund 3,9 Millionen Euro Geldstrafen beantragt worden, 1808 Strafanträge seien gestellt worden.
Astrid Jäger