Gefällt Ihnen die Zuschreibung vom Tellerwäscher zum Millionär?
WOLFGANG PUCK: Vom Erdäpfelschäler zum Millionär, ja!

Trifft sie auf Sie zu?
Schon, aber mir war meine Leidenschaft immer wichtiger als das Geld, ob Millionär oder nicht.

Wie wichtig ist es, in den USA Geld zu haben?
Wir reden mehr darüber, jeder will wissen, wie viel wer verdient. In Europa ist das anders, mehr Geheimniskrämerei.

Was waren und was sind Ihre Schlüssel zum Erfolg?
Erstens meine Mutter. Sie war Köchin und hat mich animiert, im Restaurant als Kochlehrling zu arbeiten. Der zweite Schlüssel war Frankreich, als ich im Restaurant L’Oustau de Baumanière in der Provence gearbeitet habe. Dort habe ich meinen Mentor und mein Vorbild gefunden. Das dritte Schlüsselerlebnis war die Eröffnung meines ersten Restaurants, dem Spago, in Los Angeles. Obwohl es mir gut gegangen ist, habe ich das Risiko gesucht, wollte selbst etwas unternehmen.

Der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg ist ja häufig ein sehr schmaler. Was war bei Ihnen ausschlaggebend, dass sie Erfolg hatten?
Ich glaube, da gibt es mehrere Gründe. Erstens, dass das Spago im Speisesaal eine Schauküche hatte. Heute hat das fast jedes Lokal, aber 1982 war das außergewöhnlich. Zweitens, dass ich gesagt habe, ich koche, was ich gerne esse. Zu der Zeit hat in Los Angeles niemand eine gute Pizza machen können, niemand hat einen Holzofen gehabt, nur Mikrowellen. Ich habe einfach gekocht, aber in bester Qualität und mit den besten und frischesten Zutaten. Und auch ganz wichtig: In unserem Lokal hatten die Gäste Spaß, es war bei uns fast wie auf einer Party. Wir waren nicht so ein steifes Lokal, wo man nur leise redet.

War auch Zufall dabei, dass alles gut gegangen ist?
Zufall nicht, aber das Timing hat wohl gepasst und wir hatten eine neue Idee.

Apropos Idee: Wie soll Ihr Unternehmen in 20 Jahren ausschauen?
Für mich das Wichtigste ist die richtige Mischung aus Tradition und Innovation. Gibt es zu viel Tradition, ist es langweilig, gibt es keine, wissen die Menschen nicht, wofür wir stehen. Wir müssen täglich besser werden und neue Dinge ausprobieren.

Muss sich beim Essen auch laufend etwas ändern?
Nein, nicht im Sinn von ändern. Aber natürlich kommen immer wieder neue Gerichte auf die Karte.

Sie sind sehr präsent auf diversen Social-Media-Plattformen. Muss man sich als Unternehmer heute gut verkaufen?
Wir müssen unsere Marke verkaufen. Je mehr Menschen uns kennen, desto größer ist die Chance, dass sie in unser Lokal kommen. Wenn keiner weiß, wo du bist, ist das schwierig.

Gutes Essen alleine reicht also nicht mehr?
Nein, das reicht nicht mehr. Ich sage meinen Angestellten immer, die Gäste müssen sich wohlfühlen. Wird der Wein von der falschen Seite serviert, ist das den Gästen egal. Hat er die falsche Temperatur, nicht. Wer in ein Luxusrestaurant geht, möchte ein Erlebnis haben. Wie man begrüßt wird, wie der Kaffee serviert wird, von der Bedienung bis zur Küche muss alles tipptopp, muss wunderbar sein. Die Konkurrenz ist so stark, dass man immer versuchen muss, besser zu sein.

Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit die Gäste sie wunderbar finden?
Das sind viele unterschiedliche Dinge. Wie man sie anredet, wie man sie einbindet, wie sie sich fühlen. Sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiv eingestellt, werden sie zuvorkommender zu den Gästen sein. Ich sage niemandem, dass er etwas falsch macht. Ich zeige, wie es richtig für uns ist. Und man muss gut bezahlen.

Wie stellen Sie sich denn vor, wann und wem Sie das Imperium übergeben?
Mein ältester Sohn, Cameron, ist Professor. Sein Bruder Byron ist jetzt 27 und scheint in meine Fußstapfen treten zu wollen. Er arbeitet schon mit mir und ich habe ihm auch schon einen Teil der Verantwortung übergeben. Er muss aber noch viel lernen, demnächst wird er in Wien im Steirereck arbeiten.

Sie sind 73 Jahre alt. In Ihrem Alter sind die meisten Menschen in Pension. Sie aber haben kürzlich eine Masterausbildung in Harvard absolviert. Was hat Sie dazu motiviert?
Die Neugierde. Ich will Neues lernen. Ich wache jeden Tag auf und frage mich, was kann ich heute Neues sehen und lernen. Das ist seit vielen Jahren mein Leben. Wenn ich etwas anfange, muss dabei etwas Neues herauskommen. Das motiviert mich, nicht Geld.

Hätten Sie in Österreich dieselbe Karriere machen können wie in den USA?
Vielleicht, aber nicht dieselbe. Erfolg misst sich nicht an der Zahl der Lokale, sondern, dass man mit Freude zur Arbeit geht, wirklich tut, was man will – und das mit Leidenschaft.

Was sind für Sie eigentlich die größten Unterschiede zwischen den Vereinigten Staaten und Österreich?
Zum einen die unterschiedlichen Kulturen. Und es ist ein Vorteil, dass ich beide Kulturen kenne und leben kann. Ein anderer wichtiger Unterschied liegt für mich darin, dass die Möglichkeiten, sich zu entfalten, in den USA viel größer sind.

Zieht es Sie zurück in die Heimat, nach Kärnten?
Ich bin 1967 aus Österreich weggegangen und lebe seit 1973 in den USA. Da bin ich zu Hause, hier lebt meine Familie, und ich habe mehr Freunde in Los Angeles als in Österreich. Ich komme gerne nach Österreich, aber ich glaube nicht, dass ich hier leben könnte.