Menschenschlangen vor dem Shop der Münze Österreich am Heumarkt in Wien hat es schon lange nicht mehr gegeben. Doch seit Wladimir Putin die Ukraine überfallen ließ, erlebt die Krisenwährung Gold wieder einen Ansturm. Der Wiener Philharmoniker zählt dabei zu den weltweit gefragtesten Anlageobjekten. Die Käuferinnen und Käufer, die sich am Heumarkt um die Goldmünze(n) anstellen, sind aber nur die Spitze des Eisberges.

Das illustriert Andrea Lang, Sprecherin der Münze Österreich, mit einem Vergleich: "Allein in den 15 Tagen zwischen dem 24. Februar, als der Angriff Russlands auf die Ukraine begann, und dem 11. März erzielte die Münze Österreich einen Umsatz von 640 Millionen Euro. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren dies 250 Millionen." Das ist also eine Steigerung um das 2,5-fache. "Im Webshop haben sich unsere Umsätze seit dem Ukraine-Krieg verdoppelt, am Heumarkt verdreifacht", so Lang. Den Großteil des Umsatzes erzielt die Münze aber mit dem Großhandel, also dem weltweiten Verkauf an Banken und Händler. Der am 10. Oktober 1989 erstmals gehandelte und seither (mit Ausnahme des Prägejahres) unveränderte Philharmoniker genießt großes Vertrauen.

10.000 Münzen pro Tag

Könnte es gar zu einem Engpass kommen? "Was wir heute produzieren, verkaufen wir am nächsten Tag", erklärt Lang. Die Prägung des Philharmonikers habe derzeit Vorrang, insbesondere die Münze zu einer Feinunze (31,1 Gramm), die am stärksten nachgefragt wird. Rund 10.000 Stück verlassen die Münze Österreich, einer Tochter der Österreichischen Nationalbank, derzeit täglich – wobei viele Käuferinnen und Käufer gleich die Gelegenheit nützen, das Gold bei der Münze einzulagern.

Dabei war die Nachfrage nach Gold bereits seit 2020, mit dem Einsetzen der Pandemie, stark steigend gewesen, betont Lang. "2021 wurde es dann noch einmal mehr. Die Pandemie, die Inflation, der Nullzins und jetzt der Krieg treiben die Nachfrage und den Preis nach oben. Wir als Münze Österreich sagen aber nicht: 'Kauft Gold!'. Das ist nicht unser Zugang, wir wollen Stabilität. Denn man muss wissen, es wird sicher wieder eine Kurskorrektur geben."

Erinnerung an die Finanzkrise

Die Situation erinnert an die Zeit der Finanzkrise ab 2008/2009. Auch damals setzte ein Run auf Gold ein. Bis 2011/2012 stieg dessen Preis bis auf fast 1900 US-Dollar je Unze, ehe der Kurs Ende 2012 wieder zu sinken begann und sechs Jahre auf einem Niveau von im Schnitt 1300 US-Dollar blieb.

Heute (Stand 14. März, 13.30 Uhr) steht der Kurs bei 1967,55 US-Dollar, etwas mehr als 100 Dollar unter dem Allzeithoch vom Sommer 2020. Lohnt sich ein Einstieg noch oder ist es zu spät?

Der Philharmoniker unter der Lupe bei der Münze Österreich
Der Philharmoniker unter der Lupe bei der Münze Österreich © APA/GEORG HOCHMUTH

Für den Goldmarktexperten Ronald Stöferle, Autor des jährlichen Reports "In Gold We Trust" und Mitgründer der Vermögensverwaltung Incrementum in Liechtenstein, ist "der Ausblick langfristig weiter positiv", sagt er zur Kleinen Zeitung. Russland sei ein "Brandbeschleuniger", aber nicht der einzige Faktor, der für das Edelmetall spreche.

Warum Gold gefragt bleiben dürfte

"Die hohe Inflation wird uns weiter begleiten, die Notenbanken drehen indes nur zaghaft an der Zinsschraube. Das heißt, die Realzinsen bleiben deutlich negativ", streicht Stöferle hervor. "Im Umfeld von Rezessionen funktioniert Gold immer gut, und ich glaube, wir stehen wieder vor einer Rezession", setzt er nach. Auch die Nachfrage institutioneller Investoren wie Notenbanken nach Gold sei ansteigend. "Wir sind aktuell in einem Bullenmarkt", sagt Stöferle und wagt sogar eine Prognose, wenn er den Kurs im Lauf des Jahres bei 2300 US-Dollar je Unze sieht.

Der Krieg in der Ukraine trieb Anleger zuletzt auch in den Schweizer Franken. Dadurch fiel der Euro am 6. März - erstmals seit der Aufhebung des Mindestkurses von 1,2 Franken je Euro im Jahr 2015 – leicht unter den Franken. "Der Franken ist als Fluchtwährung gesucht, zusammen mit dem US-Dollar und dem Yen", konstatiert die Schweizerische Nationalbank (SNB). Die Aufwertung des Franken spiegle auch die Inflationsunterschiede zwischen der Schweiz und dem Ausland wider, so die SNB, die ihre Bereitschaft unterstrich, am Devisenmarkt zu intervenieren, sprich Fremdwährungen zu kaufen, um den Franken nicht zu sehr abheben zu lassen.