Nachdem die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) vergangene Woche strengere Vergabekriterien für Immobilienkredite verkündet hat, will die Bankenbranche nun die von den Aufsehern vorgebrachten Sorgen mit einer umfassenden Studie etwas relativieren. Ein enges Regelwerk sorge in Österreich bereits für eine umsichtige Kreditvergabe, heißt es in der Studie. Für die Finanzmarktstabilität spiele die Wohnbaufinanzierung zudem eine eher untergeordnete Rolle.

Die Studie wurde im Auftrag der Bundessparte Banken und Versicherungen der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) von der Wirtschaftsprüfungskanzlei BDO durchgeführt. Wie die OeNB vergangenen Freitag verkündete, muss in Österreich der Käufer einer Wohnimmobilie, der dafür einen Kredit benötigt, künftig mindestens 20 Prozent des Kaufpreises (inklusive Nebenkosten) in Form von Eigenkapital nachweisen können, die Kreditrate darf höchstens 40 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens ausmachen und die Laufzeit der Finanzierung 35 Jahre nicht übersteigen.

Pflicht statt Empfehlung

Bisher waren diese Kriterien bei der Neuvergabe von Krediten lediglich Empfehlungen, ab Mitte 2022 sind sie Pflicht. Mit den neuen Regeln soll verhindert werden, dass aus zu laschen Kreditvergaberegeln der Banken künftig ein Systemrisiko entsteht und sich die Dynamik steigender Immobilienpreise und damit zunehmender Kreditvergaben nach zu laxen Vorgaben noch verschärft.

Die BDO-Studie teilt die Sorge um ein systemisches Risiko bei der privaten Wohnkreditvergabe nicht ganz. Die Bedenken des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG), dass steigende Zinsen eine Krise am Immobilienmarkt auslösen und damit die Banken in Bedrängnis bringen könnten, sei zwar nachvollziehbar, die Rolle der privaten Wohnbaufinanzierung sei bei diesen Mechanismen jedoch eher begrenzt.

Sollten die Zinsen in Europa stark steigen, wären die Banken "wesentlich früher und weit stärker von negativen Bewertungseffekten als von Zahlungsschwierigkeiten privater Eigenheimbesitzer" betroffen, so die Studie. "Steigende Kreditausfälle sowie eine Destabilisierung des Finanzmarkts sind deshalb eher durch eine Erosion des Eigenkapitals und der Ertragskraft von Immobilienunternehmen und Bauträgern sowie einem deutlichen Rückgang der Nachfrage nach Bau- und baunahen Leistungen zu befürchten als durch Serienpleiten privater Wohnbaukreditnehmer."

Strenges Regelwerk

Zudem unterlägen die heimischen Banken bereits seit Jahren "einem strengen und engmaschigen Regelwerk für die Sicherstellung einer sorgfältigen und unsichtigen Kreditvergabe", heißt es weiter. Zusätzliche Stabilität biete das System der Refinanzierung von Wohnbaukrediten über Spareinlagen, Pfandbriefe und gedeckte Schuldverschreibungen. Weiters habe sich im Neugeschäft die Vergabe von langfristigen Fixzinskrediten mittlerweile großflächig durchgesetzt.

Für die Banken sei vor allem relevant, dass die Kreditnehmer ihre monatlichen Zahlungsverpflichtungen einhalten. Die Schuldendienstquote sei daher das entscheidende Kriterium – es gelte daher, die Zahlungsfähigkeit der Kreditnehmer auch mit makroprudenziellen Maßnahmen zu gewährleisten.

Die Prüfer warnen jedoch vor überbordenden Regulierungen, da sich auch aus vergangenen Immobilienkrisen gezeigt hätte, dass diese neben zu rasch steigenden Zinsen auch durch überschießende staatliche und regulatorische Eingriffe ausgelöst worden seien. Regulatorische Eingriffe sollten daher "schrittweise über einen längeren Zeitraum unter genauer Beobachtung der jeweiligen Auswirkungen" getätigt werden, empfiehlt die BDO. Zudem sollten nach Ansicht der Prüfer begründete Ausnahmen – beispielsweise für die Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen – zugelassen werden.

Leistbares Eigentum

Eine Verschärfung der Kreditvergaberegeln bei steigenden Zinsen hätte auch sozialpolitische Auswirkungen. So würde vor allem Menschen aus den unteren Einkommensschichten dadurch der Zugang zum Wohnungs-Eigentumsmarkt und dem damit verbundenen Wertzuwachs von eingesetztem Kapital schwerer gemacht, argumentieren die Studienautoren. Da nicht nur die Immobilienpreise, sondern auch die Mietpreise in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen seien, stelle auch der "freie Mietmarkt speziell für junge Bevölkerungsschichten keine taugliche Wohnalternative" dar.

Darüber hinaus seien negative Folgen für den Bankensektor selbst zu berücksichtigen. "Eine weitere Einschränkung der privaten Wohnbaufinanzierung hätte für retaillastige Institute eine weitere Reduktion existenzieller Einnahmequellen zur Folge, sodass neben den ohnehin bereits bestehenden Erosionseffekten aus der Digitalisierung und dem Zinsumfeld der Druck in Richtung Konzentration und Fusion erhöht würde", schrieben die Studienautoren der BDO.