"Seit 1986 bin ich in der Branche, seit 1992 selbstständig, aber so etwas habe ich noch nie erlebt", sagt Hubert Aichlseder, Sprecher der Kärntner Autohändler in der Wirtschaftskammer. Sein Gebrauchtwagenlager: dezimiert. „Da stehen derzeit nur 30 Prozent der Fahrzeuge gegenüber einem Höchststand. Ich bräuchte mindestens doppelt so viele. Eine total atypische Marktsituation.“
Ist das Angebot knapp, steigt der Preis. So ist es jetzt mit den Gebrauchtwagen. Laut der Onlineplattform Autoscout24 sind die Durchschnittspreise gegenüber dem Vorjahr um 4000 Euro auf 24.488 Euro gestiegen. Ein Allzeithoch. Allein von September auf Oktober verteuerte sich ein durchschnittliches gebrauchtes Auto um 500 Euro. Vor allem Kleinwagen und ältere Modelle zwischen fünf und 20 Jahren legen preislich zu.

Entspannung? Fehlanzeige!

„Zwar wird der Preis-Peak womöglich im Winter erreicht sein, doch ist der Stellenwert individueller Mobilität durch die Corona-Pandemie stark gestiegen“, sagt André Eckert von AutoScout24. Entspannung? Nicht zu erwarten.

Branchensprecher Hubert Aichlseder: "Je teurer das  Auto, desto schlechter die Liefersituation"
Branchensprecher Hubert Aichlseder: "Je teurer das Auto, desto schlechter die Liefersituation" © KULMER


Weil die Hersteller wegen des Chipmangels weniger Neuwagen an die Händler liefern, sind auch weniger Abnehmer da, die ihr gebrauchtes Auto eintauschen. „Der Zukauf von Gebrauchtwagen am Markt ist aber schwierig“, so Aichsleder. „So ist es für uns eine ökonomische Notwendigkeit, dass wir höhere Deckungsbeiträge pro verkauftem Auto brauchen.“ Marketingaktionen - also auch Rabatte - werden zurückgefahren. Ungut für die Kunden. Ungut auch für die Verkäufer, die um ihre variablen Lohnanteile, die Prämien, umfallen.

Günther Kerle, Sprecher der Autoimporteure: „Die Halbleiter-Krise hält noch mindestens bis ins zweite Halbjahr 2022 an“
Günther Kerle, Sprecher der Autoimporteure: „Die Halbleiter-Krise hält noch mindestens bis ins zweite Halbjahr 2022 an“ © APA/HANS PUNZ

Laut Günther Kerle, Sprecher der Autoimporteure, hält „die Halbleiter-Krise noch mindestens bis ins zweite Halbjahr 2022 an“. Aichlseder ergänzt: „Je teurer der Neuwagen, desto schlechter die Liefersituation, weil in einem solchen Auto eben mehr Mikrochips verbaut werden. Normalerweise schütten uns die Hersteller mit Autos zu, aber derzeit sucht jeder Händler händeringend Autos.“ Lieferverzögerung: bis zu einem Jahr.

"Die nächsten Monate werden hart"

Seine Verkäufer für die Marken Jaguar und Landrover hat Aichlseder in Kurzarbeit geschickt. Er weiß von bizarren Einzelfällen, etwa jenem von einem Autokäufer, der sein Auto ohne elektrische Heckklappe bekommen hat, weil dafür der Mikrochip fehlte. In einem solchen Fall kann man vom Kaufvertrag zurücktreten (hat dann aber kein Auto).

Die Warenkette stottert auch deshalb, weil den Herstellern hohe EU-Strafen drohen, wenn sie ihren Flottenverbrauch an CO2 nicht einhalten, sprich: zu viele Verbrenner-Autos bauen. Logisch, dass die Lieferzeiten für E-Autos daher deutlich kürzer sind.

Wenigstens geht das Transporter-Geschäft gut: viele Vorziehkäufe wegen der Nova-Erhöhung. „Die nächsten Monate werden hart, aber ich glaube an eine Entspannung im nächsten Jahr“, sagt Aichlseder. Den Käufern rät er, sich nicht auf EIN Modell und EINE Ausführung und EINE Farbe festzulegen. „Es sind ja trotzdem noch Autos da. Wir sind ja nicht in der DDR.“