Die AUA-Mutter Lufthansa will die milliardenschweren Corona-Staatshilfen bald zurückzahlen und dank einer anziehenden Nachfrage wieder operativ Gewinn machen. Die Airline will den Staat mit einer über zwei Milliarden Euro schweren Kapitalerhöhung zum Ende des Jahres als Miteigentümer weitgehend loswerden. "Das ist ein großer Meilenstein auf unserem Weg nach vorne, und wir betrachten es als etwas Historisches", sagte Vorstandschef Carsten Spohr am Montag.
Die Lufthansa könne die Staatshilfen schneller zurückzahlen als gedacht. Dank der Impf-Fortschritte setzt der Konzern für das laufende Sommer-Quartal (Juli bis September) auf ein positives operatives Ergebnis, wenn man die Kosten für den Umbau ausklammert. "Wir verbrennen kein Geld mehr", sagte Finanzvorstand Remco Steenbergen in einer Telefonkonferenz mit Investoren.
Nur noch kleines Aktienpakt für Staat
Mit der geplanten Tilgung der Stillen Einlagen über zusammen 2,5 Milliarden Euro wäre die Lufthansa der erste Großkonzern, der die Corona-Eigenkapitalhilfen des Bundes zurückzahlt. Über das Jahresende hinaus soll nur noch das Aktienpaket übrigbleiben, das rund 750 Millionen Euro wert ist. Steenbergen signalisierte, dass sich der Konzern im zweiten Halbjahr noch einmal Geld am Finanzmarkt leihen wolle. Weitere Mittel könnten 2022 mit dem Verkauf von Töchtern wie Airplus, der Cateringfirma LSG oder der Wartungstochter Lufthansa Technik hereinkommen. Bei Lufthansa Technik habe man eine Investmentbank beauftragt, ein Beschluss zum weiteren Vorgehen soll bis zum Ende 2021 fallen.
Die Regierung hatte den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) aufgelegt, um notleidenden Unternehmen über die Virus-Pandemie hinwegzuhelfen. Der Fonds greift der Wirtschaft mit 8,7 Milliarden Euro unter die Arme - allein 5,8 Milliarden Euro wurden für die Lufthansa bereitgestellt, aber nur zum Teil abgerufen. An den Tourismus-Riesen TUI gingen 1,2 Milliarden Euro, an die Reisebüro-Kette FTI 485 Millionen Euro und an die Warenhaus-Kette Galeria Karstadt Kaufhof 460 Millionen Euro.
Aufwind für Flugreisen
Die Lufthansa spürt mit dem Abebben der Corona-Pandemie und dem Wegfall von Reisebeschränkungen Aufwind. Dennoch schließt der deutsche Branchenprimus dieses Jahr mit einem operativen Verlust ab. Er soll nach Einschätzung des Managements aber geringer ausfallen als das Minus von 5,5 Milliarden Euro im Krisenjahr 2020. Insgesamt dürfte die Lufthansa in diesem Jahr erst 40 Prozent ihrer Vor-Krisen-Kapazität erreichen. Spohr sagte, im Schlussquartal sollten es aber schon 60 Prozent sein. Die Kunden seien immer noch zurückhaltend: "60 Prozent unserer Buchungen haben nur zwei Wochen Vorlauf." Bei Geschäftsreisenden ziehe die Nachfrage wieder an. Hier könnte man mittelfristig auf 80 bis 90 Prozent des Vorkrisenniveaus kommen.
Billigflugkonkurrenten wie die irische Ryanair und die ungarische Wizz Air hatten vor kurzem über eine vielversprechende Erholung ihrer Geschäfte berichtet. Spohr sagte, im Vergleich der Direktverbindungen in Europa sehe es bei der Lufthansa-Gruppe ähnlich gut aus. Allerdings leide sie noch unter dem mauen Flugverkehr bei den wichtigen Langstrecken. Die Lufthansa bereitet sich auf eine Öffnung des wichtigen Marktes USA und Nordatlantik vor. Spohr äußerte die Hoffnung, dass mehr Ländern dem Beispiel von Kanada und Singapur folgten: Diese Staaten erlaubten nun geimpften Passagieren die Einreise ohne Quarantäne. Wegen der gestörten Lieferketten sieht Spohr die Lufthansa aber als Gewinner des Booms in der Luftfracht.
Kurzer Aktieneinbruch
Die Lufthansa-Anleger zeigten sich am Montag nur kurz von den Kapitalerhöhungs-Plänen geschockt. Die Aktien brachen um gut fünf Prozent auf 8,00 Euro ein, lagen aber am Mittag wieder im Plus. Die beschleunigte Rückzahlung der Staatshilfen sollte der Lufthansa mehr Freiheit geben, kommentierte Analyst Gerald Khoo von der Investmentbank Liberum. Die neuen Aktien, mit denen Lufthansa ihr Kapital verdoppelt, sollen 3,58 Euro kosten.
Die Zeichnungsfrist beginnt am Mittwoch, wie angepeilt noch vor der Bundestagswahl. Mit Hilfe des Erlöses sollen die beiden Stillen Einlagen des WSF, von denen die Lufthansa 2,5 Milliarden Euro in Anspruch genommen hat, bis Ende des Jahres zurückgezahlt haben. Die ersten 1,5 Milliarden Euro sollen im Oktober, der Rest zum Jahresende getilgt werden.
Wenn der Bund bei der Kapitalerhöhung noch einmal zugreift und seinen Anteil nicht ohnehin verwässern lässt, muss er seine verbliebene Beteiligung von 15,9 Prozent bis zum Herbst 2023 wieder verkaufen. Der WSF will sich dazu erst nach der Kapitalerhöhung äußern. Grundsätzlich begrüße man aber den geplanten Einstieg in den Ausstieg des Staates, erklärte der WSF. Von vier Prozent hat er sich schon getrennt. Nimmt er sein Bezugsrecht wahr, würde ihn das rund 340 Millionen Euro kosten. Er könnte auch einen Teil seiner Bezugsrechte verkaufen und den Erlös daraus in neue Lufthansa-Aktien stecken. Eine mit den Plänen vertraute Person erklärte, der Anteil des WSF dürfte mit der Kapitalerhöhung leicht auf 14 bis 15 Prozent abschmelzen.