Dass die Handelsangestellten künftig stichprobenartig kontrollieren sollen, welche Kunden ungeimpft sind und deshalb eine FFP2-Maske tragen müssen, erbost die Handelsunternehmen und die Gewerkschaft gleichermaßen. "Wie sollen sich die Beschäftigten auskennen?", kritisierte GPA-Gewerkschafterin Anita Palkovich am Mittwoch im "Ö1 Journal um acht" des ORF-Radios. "Sie sind nicht die Hilfssheriffs", die gegenüber den Corona-Maßnahmen kritische Menschen kontrollieren sollen.

"Das ist nicht ihr Job", sagte Palkovich. "Der Arbeitsdruck ist enorm hoch, der Handel sucht überall Personal, das heißt, die aktuelle Mannschaft muss das Programm stemmen." Insgesamt seien die Regelungen "kaum noch durchschaubar", kritisierte die für den Handel zuständige Wirtschaftsbereichssekretärin der Gewerkschaft GPA.

Ministerium nimmt Handel und Polizei in die Pflicht

Auch die Arbeitgeber im Handel murren. Die Angestellten könnten nicht zusätzlich zu ihrer eigentlichen Tätigkeit auch noch Gesundheitsdaten abfragen, kritisiert Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. "Das ist einfach weltfremd", konstatiert der Schladminger, der sich diesbezüglich seit Tagen im Duell mit WirtschaftsministerinMargarete Schramböck befindet. 

Am Dienstag-Abend schritt schließlich das Gesundheitsministerium ein und stellte prinzipiell klar, dass Kundinnen und Kunden zur Einhaltung aller gültigen Maßnahmen verpflichtet seien. Darüber hinaus sieht das Ministerium sowohl den Handel wie auch die Polizei in der Pflicht, zu sorgen, dass diese Regeln eingehalten werden. Trotz dieser Klarstellung legte die Wirtschaftsministerin am Mittwoch noch einmal nach.

Schramböck ortet in der Diskussion um die Umsetzung der FFP2-Maskenpflicht im Handel kursierende "Falschinformationen". Dass die Kontrolle durch die Händler eine "Kann-Bestimmung" ist, müsste jedem klar sein, der die Verordnung gelesen habe, so Schramböck, die Kritik an "einzelnen Organisationen", also dem Handelsverband, übte, die Gegenteiliges in Umlauf bringen.

Kritik an den Maßnahmen kommt jedenfalls auch von den heimischen Shopping-Center-Betreibern (ACSP, Austrian Council of Shopping Places). Diese erklärten heute "mit Nachdruck", dass sie sich außerstande sehen, die neue Regelung "in großer Zahl" zu kontrollieren. "In Österreichs 254 Shopping-Centern verkehren im Durchschnitt etwa 2,3 Millionen Menschen pro Tag", rechnen sie vor.

Diese Einkaufszentren würden oftmals von sehr kleinen Belegschaften geleitet, die teilweise nicht einmal täglich vor Ort seien. "Die Shoppingcenter-Managements haben, wie die Handelsangestellten auch, zum einen mehr als genug andere Aufgaben und sind zum anderen für derartige Kontrollen nicht ausgebildet", so der ACSP am Mittwoch in einer Aussendung. Des Weiteren kritisieren die Betreiber, dass sie noch nie zu Gesprächen über eine praxistaugliche Umsetzung der Coronamaßnahmen eingeladen wurden.

Handels-Obmann hält sich zurück 

Keine Kritik kommt hingegen von der Bundesparte Handel in der Wirtschaftskammer. "Die neue Corona-Schutzmaßnahmen im Handel sind für die österreichischen Händler machbar. Denn durch die unterschiedlichen Optionen können die Vorgaben je nach Möglichkeit in den Geschäften unterschiedlich umgesetzt werden. Eine Anwendung mit Augenmaß ist sichergestellt", sagte Obmann Rainer Trefelik.

In der gestern Abend veröffentlichten und ab sofort geltenden 1. Novelle der 2. COVID-19-Maßnahmenverordnung ist festgelegt, dass Beschäftigte im "nicht-lebensnotwendigen" Handel mit unmittelbarem Kundenkontakt eine FFP2-Maske tragen müssen, wenn sie nicht geimpft oder genesen sind. Beschäftigte im Lebensmitteleinzelhandel mit unmittelbarem Kundenkontakt müssen immer eine FFP2-Maske tragen.