Mit Juli hat der Bestand an Elektroautos in Österreich erstmals die Marke von 60.000 überschritten – das ist gemessen an den mehr als fünf Millionen Pkw, die bundesweit zum Verkehr zugelassen sind, zwar noch ein geringer Wert. Die Wachstumsraten bei batterieelektrisch betriebenen Autos waren zuletzt aber bemerkenswert. In der Steiermark waren – Stand Ende Juni – 6393 E-Autos zugelassen, davon kamen allein im ersten Halbjahr 2021 exakt 2077 hinzu, das entspricht schon jetzt dem Wert des Gesamtjahres 2020 (da waren es 2082).
Damit steigt naturgemäß auch der Bedarf an Lademöglichkeiten. Laut Statistik Austria werden, wie berichtet, derzeit nur rund 16 Prozent der neuen E-Autos von Privatpersonen angemeldet, das Gros entfällt auf Betriebe. Doch auch hier nimmt der Anteil sukzessive zu und damit geht die Notwendigkeit einher, dass auch auf Parkplätzen und in Garagen bestehender Wohnhäuser entsprechende Lademöglichkeiten installiert werden können. Das ist auch für Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer rechtlich derzeit nicht ganz einfach, wie die Grazer Rechtsanwältin Heidi Lallitsch von der Kanzlei „SCWP Schindhelm“ erklärt. Noch vor Kurzem mussten überhaupt sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer explizit zustimmen, wenn jemand in der hauseigenen Garage auf seinem Parkplatz eine Ladebox (Wallbox) installieren wollte. Diese Zustimmungen zu bekommen, sei auch deshalb herausfordernd, weil einerseits die Adressen aller Eigentümer manchmal gar nicht bekannt sind und andererseits andere Eigentümerinnen und Eigentümer oft gar nicht reagieren.
OGH-Urteil brachte erste Erleichterungen
Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs hat hier zwar mehr Klarheit und eine Vereinfachung gebracht. Es gilt aber weiterhin einige Punkte zu beachten. Konkret stelle die Installation einer Wallbox für einphasiges Laden eines E-Autos mit 3,7 kW bei Kfz-Abstellplätzen, welche im Wohnungseigentum stehen, laut OGH-Urteil eine sogenannte „privilegierte Maßnahme“ dar, so Lallitsch. „Aufgrund dieser oberstgerichtlichen Feststellung bedarf es bei der Installation einer Wallbox für einphasiges Laden eines E-Autos durch den Wohnungseigentümer keines Nachweises einer Verkehrsüblichkeit oder eines wichtigen Interesses des Wohnungseigentümers.“ Zwar müsse weiterhin die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer eingeholt werden, doch fehlende Zustimmungen können nun im Außerstreitverfahren über Antragstellung ersetzt werden, so Lallitsch. Aber Achtung: Derzeit gilt das aber eben nur für eine Wallbox in technisch einfacher Ausführung (einphasiges Laden mit 3,7 kW), die laut OGH mit einer herkömmlichen Steckdose vergleichbar sei. Für aufwendigere Maßnahmen, wie die Installation einer Wallbox zum dreiphasigen Laden mit 22 kW, gilt diese Privilegierung nicht.
Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes
Die Errichtung von Ladestationen sowie Einzelanlagen für Wohnungseigentümer in Mehrparteienhäusern soll ab 2022 über eine Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) auch auf gesetzlicher Ebene erleichtert werden – die Begutachtung für den entsprechenden Gesetzesentwurf endet heute, die Beschlussfassung soll im Herbst erfolgen, das Gesetz soll dann am 1. Jänner 2022 in Kraft treten. Dann soll es ausreichen, wenn nicht die Mehrheit der Wohnungseigentümer, sondern die Mehrheit der Personen, die auf das Anliegen reagieren, für diese baulichen Maßnahmen stimmen. „Künftig soll es grundsätzlich auf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ankommen, also auf die Personen, die sich aktiv beteiligen“, betonten Justizministerin Alma Zadic und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler Mitte Juni. Vorgesehen seien aber auch „flankierende Maßnahmen und bestimmte Mindestzustimmungsquoten, um berechtigte Minderheitsrechte zu wahren“.
"Langsamladen sachlich nicht zu rechtfertigen"
Der ARBÖ oder aber auch der Bundesverband Elektromobilität (BEÖ) haben den Gesetzesentwurf und die Stoßrichtung in ihren Stellungnahmen grundsätzlich begrüßt. Es wird aber u. a. auch darauf hingewiesen, dass es in Zukunft auch eine praktikable Lösung für Mietwohnungen brauchen werde. Der ARBÖ moniert, dass die Umsetzung nicht weit genug gehe. So sei es „sachlich nicht zu rechtfertigen, weshalb die Änderung an einem Wohnungseigentumsobjekt nur für die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen, also mit maximal 3,7 KW/h, gelten soll“. Für die durchschnittliche Anforderung an Ladestellen sei dies bestenfalls für Hybridfahrzeuge ausreichend, aber nicht für reine Elektrofahrzeuge, so die Kritik.