Wir treten nicht in Konkurrenz zur theoretischen Ausbildung, unser Zentrum ist eine sehr gute Ergänzung“, betonte Alfred Gutschelhofer vor fast genau zehn Jahren. Damals startete an der Karl-Franzens-Universität Graz – unter seiner Leitung – das „Zentrum für Entrepreneurship und angewandte Betriebswirtschaftslehre“ sowie das Institut für Unternehmensführung den Vollbetrieb in dualer Struktur. „Praxis und Theorie stehen einander nicht im Weg“, betont Gutschelhofer damals wie heute.
Daher setzen Zentrum und Institut auf eine Kombination, „wir haben neue Zugänge gesucht, wie man Studierenden Entrepreneurship und Führung vermitteln kann“. Dabei spielen Eigenverantwortung und Selbstständigkeit ebenso eine Schlüsselrolle wie Gestaltungswille, Teamorientierung, Netzwerkarbeit sowie „der Umgang mit Risiko und der positive Umgang mit Rückschlägen“, wie Gutschelhofer, der bis 2011 acht Jahre lang Rektor der KF Uni Graz war, hervor streicht. Am Institut und im Zentrum liegt der Fokus neben theoretischen Grundlagen, von Management bis hin zum Businessplan, auch auf Unternehmensgründung und Unternehmensführung.
Doch wie ist es vor dem Hintergrund der vielen wirtschaftlichen Unsicherheiten um die Motivation potenzieller Junggründer bestellt? Insbesondere in Folge der Pandemie sei ein positiver Zugang zum Unternehmertum von entscheidender Bedeutung. In Österreich ortet er bis heute eine etwas „paradoxe Einstellung“ zu unternehmerischem Risiko. „Wir sehen auf der einen Seite zum Teil eine wachsende Vollkaskomentalität und ausgeprägtes Anspruchsdenken und auf der anderen Seite die Sehnsucht nach Eigenverantwortung und eigenständigem Leben.“ Gutschelhofer: „Wir sind alle gerne Freeclimber, aber es sollte halt nicht weiter als einen halben Meter nach unten gehen.“ Diese Grundsäulen, neben Eigenverantwortung aus Sicht Gutschelhofers auch der Wille zur Gestaltung, seien gesellschaftlich etwas abhandengekommen. Es sei noch viel Arbeit, hier gegenzusteuern und das Bild zurechtzurücken. Letztlich gehe es darum, „Studierende zu sensibilisieren, dass unternehmerisches Denken und Handeln über den gesamten Lebensweg zentrale Elemente sein können. Hier sind wir an den Unis auch gefordert“.
"2500 Anmeldungen, ein Allzeitrekord“
Nach zehn Jahren könne man auf mehr als 400 Lehrveranstaltungen und gut 25.000 betreute Studierende verweisen, hinzukommen mehr als 250 betreute akademische Gründungsprojekte. „Insbesondere in der Coronazeit merken wir, wie dringend diese Inhalte von den jungen Menschen benötigt werden“, sagt Gutschelhofer und nennt weitere Zahlen: „Im letzten Sommersemester hatten wir über 2500 Anmeldungen – ein Allzeitrekord.“ Gutschelhofer führt das auch auf die vielen Praktiker zurück, die über die Jahre als Praxisprofessorinnen und -professoren am Zentrum angedockt haben. Die Palette reicht u. a. von Post-Generaldirektor Georg Pölzl, den Energieexperten Karl Rose über Medienunternehmer Horst Pirker, die Strategieexpertin Stefanie Teichmann (sie war in Führungspositionen u. a. bei Nike, Coca-Cola und Google tätig) bis hin zum ehemaligen Personalentwicklungschef von Magna Steyr, Armin Kreuzthaler, dem Politologen Peter Filzmaier und Wirtschaftshistoriker Thomas Krautzer.
Dadurch würden Studierende neben der theoretischen Ausbildung „auch umfangreiches Wissen über gelebte unternehmerische Praxis erhalten“, so Gutschelhofer. Dabei spielen Betriebsbesuche und internationaler Austausch ebenso eine Rolle wie lösungsorientiertes Arbeiten an konkreten Projekten.