Ist die Ankunft eines Güterzuges im Cargo Center Graz in Werndorf etwas Besonderes? Normalerweise nicht. Hier werden Jahr für Jahr zehntausende Gütercontainer umgeschlagen. Diesen Montag war dies anders. Thomas Kargl, Logistikvorstand der ÖBB-Tochter Rail Cargo Group (RCG), und Christian Steindl, Geschäftsführer des Cargo Center (CCG), empfingen den ersten Güterzug, der in Suzhou westlich von Shanghai in China gestartet war und bis nach Werndorf rund 9000 Kilometer zurücklegte, höchstpersönlich.

41 40-Fuß-Container maß der Zug (das entspricht einer Länge von 500 Metern), beladen war er mit Entsaftern, Glasschüssel- und Wäschekorbsets, Getränkehaltern und T-Shirts. Geordert hat diese Waren ein großer europäischer Handelskonzern.

Im Regelfall fährt ein Güterzug zwei, höchstens drei Wochen von China entlang der Seidenstraßen-Bahnstrecke nach Europa. Doch Regelfälle sind im Moment die Ausnahme, zu stark wirken die Verwerfungen durch Corona nach – und so war der Zug, gestartet am 30. April, nicht zwei, sondern sieben Wochen unterwegs. Der Grund sind lange Verzögerungen an den Grenzen. Steindl geht davon aus, dass sich dies bis Herbst wieder normalisieren wird.

Christian Steindl, Cargo Center Graz (links), und Thomas Kargl, Rail Cargo Austria, vor dem Güterzug aus China
Christian Steindl, Cargo Center Graz (links), und Thomas Kargl, Rail Cargo Austria, vor dem Güterzug aus China © KLZ/Stefan Pajman

Trotzdem ist die Bahnverbindung eine mehr und mehr gefragte Alternative zum Seeweg. In Werndorf kommen sonst Güter an, die per Schiff in Koper (Slowenien) gelandet sind. 2020 waren dies mehr als 70.000 Container.

Seeweg dauert länger als vor Corona

Im Moment dauert aber auch der Seeweg deutlich länger als vor Corona. Und im Vergleich zur Luftfracht ist die Bahn viel günstiger. Der Transport der 41 Container, die in Werndorf angekommen sind, mit dem Flugzeug hätte 1,5 Millionen Euro gekostet, rechnet CCG-Chef Steindl vor. Entlang der Seidenstraße fallen vergleichsweise nur ein Viertel der Kosten an. Ohnehin klar ist der Vorsprung in der Umweltbilanz. „Wir leisten einen wesentlichen Beitrag, CO2 im Transportsektor einzusparen“, sagt Kargl.

Das Cargo Center in Werndorf ist ein riesiger Umschlagplatz
Das Cargo Center in Werndorf ist ein riesiger Umschlagplatz © KLZ/Stefan Pajman

Sicher ist, dass es nicht der letzte Güterzug aus China war, der bis in die Steiermark rollt. „Es sind weitere Züge geplant, denn die Seefracht bleibt nun noch eine Zeit lang herausfordernd“, meint Steindl. Für die Rail Cargo indes sind Güterzüge, die von China nach Europa verkehren, längst keine Besonderheit mehr. Im Vorjahr wickelte die RCG, einer der führenden Bahnlogistiker in Europa, 728 Züge zwischen Asien und Europa ab – ein Rekord seit dem Markteintritt der RCG in China im Jahr 2017. Für das heurige Jahr peilt die RCG rund 1000 Züge an, so Kargl.

2020 um 50 Prozent mehr Züge

90 Prozent der Fracht zwischen Europa und Asien wird auf See transportiert; Schiffe nehmen ein Zigfaches an Containern auf. Aber Corona hat der Bahn einen Schub gegeben. Laut Branchenplattform Railfreight fuhren 2020 um 50 Prozent mehr Züge. Die Regierung in Peking hat großes Interesse am Bahn-Gütertransport nach Europa – nach Investitionen in die Infrastruktur werden die Züge hoch subventioniert.