Wer Michael Otto (78) einmal kennen gelernt hat, weiß, dass er den bereits 1991 verliehenen Preis zum "Ökomanager des Jahres" nicht als dekoratives grünes Mäntelchen bekommen hat. In einem Mega-Projekt initiierte der Mehrheitseigentümer der Otto Group etwa über viele Jahre eine ganze Lieferkette für nachhaltige Baumwolle aus Afrika. Unter dem Label "Cotton made in Africa" kaufen inzwischen auch andere Hersteller Baumwolle ein, die praktisch pestizidfrei und ohne künstliche Bewässerung gewachsen ist.

Und doch sind Produkte, die ökologischer, klimafreundlicher und sozial vertretbar hergestellt werden, am Markt nicht automatisch Selbstläufer. Sie stehen inzwischen zwar beim Konsumenten hoch im Kurs, wenn es um Meinungen und Image geht, bei Preisgleichheit wird auch zugegriffen, "aber niemand ist bereit, mehr dafür zu bezahlen," so der Vorstandsvorsitzende der Otto Group, Alexander Birken im Gespräch mit österreichischen Journalisten und dem Chef der Österreich-Tochter Unito, Harald Gutschi.

Schulterschluss für Lieferkettengesetz in Europa

Dass jetzt der öffentliche Druck steige, sei gut, so Birken: "Er ist so groß geworden, dass auch die Politik ins Handeln kommt." Erst kürzlich hat sich Deutschland nach heftigen Diskussionen zu einem Lieferkettengesetz entschlossen - wenn auch gegenüber ursprünglichen Ideen zu einer etwas entschärften Version.

"Wir brauchen das, weil das Handeln vieler Unternehmen nicht gut war und nicht gut ist," erklärt Birken. Die persönliche Haftung der Unternehmer bis zum letzten Knopf wäre zwar kaum umsetzbar und sehr gefährlich gewesen, wenn sie so gekommen wäre. Birken betont dennoch: "Wir brauchen einen Schulterschluss für Lieferkettengesetze in Europa, es macht keinen Sinn, dass ein Unternehmen, das vielleicht in Schweden oder Spanien ansässig ist, kein Lieferkettengesetz hat, da habe ich in Deutschland einen Wettbewerbsnachteil." Grundsätzlich sehe er den Kern des Gesetzes allerdings sehr positiv.

Umsatzplus während der Pandemie

Unito wird in Österreich ab Herbst zu einer besseren Kennzeichnung von nachhaltig produzierten Produkten übergehen, kündigt Gutschi an. "Das wird uns helfen, uns zu differenzieren." Je nach Definition seien zwischen zehn und 20 Prozent des gesamten Sortiments über alle Marken und Lieferanten nachhaltig produziert, bei den Eigenmarken seien es bereits 80 bis 90 Prozent. 

In zahlreichen Bereichen des Handelskonzerns mit weltweit rund 50.000 Mitarbeitern gibt es bereits sehr klare Ziele für die völlige Umstellung auf nachhaltige Produkte. Das betrifft etwa Holz für Möbel und vor allem Fasern, nicht nur Baumwolle, sondern auch Viskose und Polyester oder Polyamid. Bis 2025 sollen Eigen- und Lizenzprodukte zu 100 Prozent nachhaltig sein, 2023 soll die gänzliche Umstellung bei Verpackungen gelungen sein. Die Tochter Bonprix soll völlige Klimaneutralität und die komplette Transparenz der Lieferkette bis 2030 schaffen.

Die Otto Group mit Sitz in Hamburg profitierte 2020/21 von der Pandemie mit einem Umsatzplus von gut 17 Prozent auf 15,6 Milliarden Euro. Das Jahresergebnis schnellte von 214 auf 971 Millionen Euro in die Höhe, allerdings entfielen rund 600 Millionen Euro auf Verkäufe von Firmen und Firmenanteilen.