Die Steuer- und Abgabenquote soll gesenkt und Unternehmensgründungen erleichtert werden. Dem Fachkräftemangel will man durch eine Modernisierung der Lehrberufe und der Rot-Weiß-Rot-Karte entgegenwirken. Ein Überblick über die im Regierungsprogramm in Aussicht gestellten Maßnahmen.

Unternehmenssteuern

Der Ruf der Wirtschaft nach einer Senkung der Körperschaftsteuer (KöSt) wurde erhört, der Steuersatz soll von derzeit 25 auf 21 Prozent gesenkt werden. Damit geht die Entlastung allerdings nicht ganz so weit wie Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) es sich gewünscht hätte - er wollte "vorne einen Einser" haben.

Für Erträge aus ökologischen bzw. ethischen Investitionen soll es eine Befreiung von der Kapitalertragsteuer (KESt) geben. Die Kriterien dafür sollen vom Finanz- und vom Klimaministerium formuliert werden. Bauern sollen u.a. durch eine Erhöhung der Buchführungsgrenze auf 700.000 Euro entlastet werden. Gewinne sollen in der Landwirtschaft auf drei Jahre verteilt werden können.

Arbeitsmarkt

Zur Deckung der Fachkräfte-Nachfrage will man "zuerst den österreichischen Arbeitsmarkt, dann die Arbeitsmärkte in den EU-Mitgliedsstaaten und dann Arbeitsmärkte in Drittstaaten in den Fokus nehmen". Lehrberufe sollen attraktiver werden, indem sie alle fünf Jahre evaluiert und modernisiert und neue Lehrberufe geschaffen werden.

Die Rot-Weiß-Rot-Karte wird reformiert, die Antragstellung vereinfach und die Gehaltsgrenzen gesenkt werden.

Start-ups und Kleinbetriebe

Für innovative Start-ups soll es eine neue Kapitalgesellschaftsform geben. Das GmbH-Mindeststammkapital soll auf 10.000 Euro gesenkt werden. Arbeitszimmer sollen steuerlich leichter abgesetzt werden können, geplant ist eine Pauschalierung. Die Freigrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) soll zunächst auf 1.000 Euro angehoben werden und in der Folge auf 1.500 Euro für besonders energiesparende GWG. Private Investoren sollen Verluste aus Beteiligungen in Start-ups künftig auch über mehrere Jahre hinweg mit anderen Einkünften gegenrechnen können.

Tourismus: Betriebsübergaben und Fachkräfte

Im Tourismus soll, wie schon von der letzten Regierung geplant, gegen Airbnb und Co. vorgegangen werden. Eine Registrierungspflicht für alle Anbieter von Privatunterkünften soll eingeführt werden, auf Online-Buchungsplattformen sollen nur beim Finanzministerium registrierte Unterkünfte angeboten werden dürfen.

Auch Unternehmensübergaben in der Familie sollen erleichtert und Abschreibungszeiträume angepasst werden, Potenziale zur "Senkung der Lohnnebenkosten ohne Leistungsreduktion" werden geprüft. Um mehr Arbeitskräfte zu bekommen, soll unter anderem die Rot-Weiß-Rot Karte reformiert und Jahreskontingente für Saisonniers für den Tourismus bedarfsgerecht angepasst werden. Lehrlingsentschädigungen sollen "angemessen" und "attraktiv" sein. Die auf Tourismusfinanzierungen spezialisierte Österreichischen Hotel- und Tourismusbank wird "durch die Zusammenführung der Haftungsrahmen für die Tourismusbetriebe auf 575 Millionen Euro sowie die Schaffung eines mit 50 Millionen Euro dotierten Eigenkapitalfonds gestärkt".

Die Österreich Werbung soll Urlaub "im eigenen Land" fördern, gegen das "Gasthaussterben" im ländlichen Raum soll ein Konzept vorgelegt werden. Auch Maßnahmen gegen Overtourism sollen gesetzt werden, der Fokus wird auf Nachhaltigkeit gelegt. Der Erfolg der Branche soll nicht mehr nur an Nächtigungszahlen gemessen werden, auch ökologische und soziale Dimensionen sollen berücksichtigt werden.

So reagieren die Wirtschaftsvertreter

Der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, begrüßt die Einigung auf eine türkis-grüne Regierung. Mit dieser in Europa neuen und einzigartigen Konstellation würden sich auch neue Möglichkeiten eröffnen, „eine Kombination aus starker Standortpolitik und gesellschafts- sowie bildungspolitischer Offenheit“, so Kapsch. Inhaltlich sieht der IV-Präsident im bisher Präsentierten „einige gute und richtige Ansätze“. Nun werde es auf die konkrete Umsetzung ankommen. „Dass es klare Ambitionen hinsichtlich der Fortsetzung des eingeschlagenen Weges der Entlastung von Menschen und Unternehmen gibt, ist sehr positiv – insbesondere die angekündigte Senkung in den ersten drei Einkommensteuertarifstufen ab 2021. Entscheidend wird aber sein, ob es am Ende zu einer echten Steuerstrukturreform kommt oder es bei kleinen Tarifreformen bleibt“, sagt Kapsch. Er erwarte aber auch das „Anpacken“ großer Themen wie Pensionen, Gesundheit, Pflege, Bildung, Klima und Energie, Föderalismusreform sowie der Frage nach Generationengerechtigkeit.

Hoteliers: "Wichtige Impulse"

Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), sieht im Programm "wichtige Impulse für die touristische Zukunft". Als besonders positiv, aber auch längst überfällig, sieht Reitterer die angepeilte Reparatur der Abschreibungsdauer: „Das ist ein ganz zentraler Punkt. So geben wir den Betrieben wieder die Freiheit für Investitionen zurück und schaffen Wertschöpfung vor Ort.“ Ebenso wichtig: die Erleichterungen bei den Betriebsübergaben im familiären Umfeld und die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen: „Da gibt es viel Luft nach oben, ich hoffe die wird zur Gänze ausgeschöpft.“

"Richtige Ansätze, aber vage Zukunftsaussichten"

Weniger euphorisch reagiert der Haus- und Grundbesitzerbund auf das Regierungsprogramm. Man sieht zwar "viele richtige Ansätze, aber vage Zukunftsaussichten". Man ortet „einen Schritt in die richtige Richtung einer neuen, modernen und gerechteren Wohnpolitik". Die Schaffung von Investitionsanreizen, Förderung von Eigentum oder die Baulandmobilisierung seien "wichtige Themen, die nun durch die nächste Bundesregierung in Angriff genommen werden können". Es bleibe allerdings abzuwarten, "was bei einer allfälligen Reform der großen Rechtsmaterien wie Mietrecht oder Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz unter Einbeziehung aller Stakeholder im Rahmen parlamentarischer Instrumente am Ende des Tages wirklich umgesetzt werden wird".

Handelsverband: "Umsetzen, umsetzen, umsetzen"

Der Handelsverband gibt sich zuversichtlich, mahnt aber ebenfalls rasche Umsetzungen ein. Das Regierungsprogramm wird Österreich als Musterschüler positionieren, dabei muss aber mit Blick auf die Fristigkeitet penibel auf die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen geachtet werden", sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. Das Motto muss nun 'umsetzen, umsetzen, umsetzen' lauten. Österreich braucht zeitgemäße Rahmenbedingungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, eine effizientere Verwaltung, Investitionsanreize für jene, die Beschäftigung schaffen, sowie eine ökosoziale Steuerreform, um in Zeiten der Digitalisierung und des Klimawandels bestehen zu können. Die kommenden fünf Jahre sind richtungsweisend für die nächsten Generationen", ergänzt Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch

Energie-Wirtschaft: "Die Zeit drängt"

Österreichs E-Wirtschaft begrüßt "das Bekenntnis der zukünftigen Bundesregierung notwendige legistische Maßnahmen zeitnah setzen zu wollen". Leonhard Schitter, Präsident von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft, hält fest: Die Zeit drängt, wenn wir die Klima- und Energieziele erreichen wollen. Die erforderlichen Rahmenbedingungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien müssen jetzt rasch umgesetzt werden. Umso mehr schätzen wir die den Klima- und Energiethemen beigemessene Bedeutung im aktuellen Regierungsprogramm. Die E-Wirtschaft steht in den Startlöchern und ist für den Umbau des Energiesystems bereit.“