In ihrem auf der Website des Standard erscheinenden Blog "Die Ethische Maschine" beschreibt Sarah Spiekermann, Vorständin des Instituts für Wirtschaftsinformatik und Gesellschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien, ihre Erfahrungen mit der Österreichischen Post. Von deren Rechtsvertreter erhielt die Expertin für digitale Ethik im Jänner ein "anwaltliches Drohschreiben" mit der Aufforderung, eine sogenannte "Unterlassungserklärung" zu unterschreiben. In dieser hatte sich Spiekermann rechtlich zu verpflichteten, für eine unbestimmte Zukunft keine Äußerungen mehr über bestimmte Geschäftspraktiken der Post zu tätigen. Welche das sind, dürfe sie nicht benennen, mutmaßlich handelt es sich das unerlaubte Datensammeln der Post, das die Datenschutzbehörde bereits im Februar als rechtswidrig erkannte.
"Ehre und Kreditwürdigkeit beleidigt"
Im Schreiben des Anwalts der Post wird der WU-Professorin vorgeworfen, sie hätte Ehre und Kreditwürdigkeitder Post beleidigt, auch das Wort "Schadenersatz" sei gefallen, so Spiekermann in ihrem Standard-Blog weiter: "Wenn ich nicht unterschriebe, müsste ich davon ausgehen, dass die Österreichische Post mich verklagt."
Alle ihre Studenten und Kollegen, mit denen sie gesprochen habe, seien empört über dieses "Mundtotmachen" gewesen. Dabei habe sie in der Journalsendung des Radiosenders Ö1, auf die sich der Anwalt bezogen hatte, "nichts irgendwie Aggressives oder Schlimmes oder Unrechtmäßiges über die österreichische Post gesagt", sondern "als Expertin im Bereich der Digitalen Ethik mir lediglich erlaubt, eine informierte Meinung zum Thema ,Ethical Computing' kundzutun."
Rechtsabteilung war darauf "nicht eingestellt"
Die universitätsinterne Rechtsabteilung war, so die Professorin in ihrem Blogbeitrag weiter, auf solche Fälle nicht eingestellt, obwohl "Drohbriefe" dieser Art nicht unüblich seien. Spiekermann, die über sich selbst sagt, "feige" gewesen zu sein, hat die vom Post-Anwalt geforderte Erklärung unterschrieben.
Nun fordert sie die Rektorenkonferenz zu einem offiziellen Rechtsschutz für die "Kollegenschaft" auf. "Universitäten sollten ihre Professorenschaft für solche Fälle rechtsschutzversichern und ihnen die Angst davor nehmen, sich öffentlich zu äußern. Firmen müssen wissen, dass wir als Demokratie die Meinungsfreiheit verteidigen."