Der Chef des Keksherstellers Bahlsen, Werner M. Bahlsen, hat sich für eine schonungslose Aufarbeitung der NS-Geschichte des Unternehmens und seiner Familie ausgesprochen. "Es soll nichts verklärt, nichts weißgewaschen werden", sagte der Inhaber und Chef des Verwaltungsrats des Familienunternehmens der "Bild am Sonntag". "Es ist gut, dass jetzt alles auf den Tisch kommt."
Das Kapitel müsse ausführlich aufgearbeitet werden. Der damit beauftragte Historiker Manfred Grieger solle "alles aufdecken, auch die dunklen Seiten".
Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg
Nach der Debatte um die Behandlung von Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg wollen der Kekshersteller und die Eigentümerfamilie die Nazi-Vergangenheit wissenschaftlich aufarbeiten lassen. Der Göttinger Professor Grieger wurde beauftragt, ein unabhängiges Expertengremium zusammenzustellen, wie die in Hannover ansässige Gruppe am Donnerstag mitgeteilt hatte. Auslöser der Debatte um die NS-Geschichte waren Äußerungen von Firmenerbin Verena Bahlsen zur Behandlung von Zwangsarbeitern, wofür sich die Tochter des Firmen-Patriarchen inzwischen entschuldigt hat.
Die "Bild am Sonntag" konfrontierte nach eigenen Angaben Werner M. Bahlsen mit Schilderungen einer Zwangsarbeiterin, die laut Archiv-Unterlagen aus Kiew verschleppt und in Hannover zum Arbeiten bei Bahlsen gezwungen worden sein soll. Dazu sagte der Unternehmer: "Ich bin schockiert. Das höre ich heute zum ersten Mal, und das ist eine Katastrophe. Das geschilderte Verbrechen macht mich sehr betroffen."
Zu Informationen des Blattes, wonach das Unternehmen 1999/2000 mit juristischen Tricks gegen eine Entschädigungsklage ehemaliger Zwangsarbeiter gekämpft haben soll, sagte Bahlsen, die Juristen hätten sich offenbar auf Paragrafen zurückgezogen: "Dabei haben wir unsere moralische Verantwortung vergessen." Er habe sich damals nur am Rande mit der Sache befasst, sagte Bahlsen. "Rückwirkend gesehen war das ein Fehler. Ich hätte das in die Chefetage holen müssen."