Sie werden "Chief Performance Officer" im Vorstand der Wienerberger AG. Was kann man sich dabei vorstellen?

SOLVEIG MENARD-GALLI: In dieser Position liegt mein Hauptfokus darauf, wo wir optimieren können. Wir sind jetzt schon auf einem enormen Wachstumskurs, aber es ist immer noch mehr Potenzial in der Organisation.

Die Frauenposition in der Männerbranche der Ziegel und Rohre ist mit Aufsichtsratschefin Regina Prehofer und Ihnen noch stärker geworden.

Gut so, oder? Ich hatte auch in meinen vorherigen Funktionen nie das Gefühl, dass ich als Frau einen besonderen Stellenwert hätte oder dass es mich behindert hätte. Es geht darum, worauf man fokussiert ist und wie man Dinge umsetzt.

Prehofer meinte schon erwartungsvoll, dass sich die höhere Diversität im Vorstand positiv auf das gesamte Unternehmen auswirken werde. Konkret wie?

Natürlich wird es im Vorstand eine Dynamik geben und zu dritt sieht man Dinge vielfältiger. Ich komme aus einem anderen Umfeld und bringe meine Erfahrungen gerne ein.

Sie arbeiteten nach Studium und Ihrer Zeit als Dozentin bei Brau-Union und Heineken. Männerbranchen fordern Sie heraus?

Schaut so aus! Aber die ersten Jahre im Brauunion-Konzern war ich bei Pago Fruchtsäften. Das war noch nicht das eher männerdominierte Bierumfeld. Ich bekam dann die Möglichkeit, in die Heineken-Zentrale nach Amsterdam zu wechseln. Das war eine tolle Erfahrung.

Ihre Kernkompetenzen Controlling und strategisches Management wenden Sie bei Wienerberger schon jetzt als Projektleiterin für "Fast Forward 2020" an. 2018 hat das Effizienzprogramm schon 20 Millionen Euro gebracht 100 Millionen sollen Sie 2019/2020 herausholen. Eine hohe Latte für Sie als Chief Performance Officer.

Die Ziele kommen nicht von ungefähr. Wir starteten mit einer ausführlichen Analyse möglicher Potenziale und setzten ein klares Programm auf. Wir sind auf dem richtigen Weg.

Wird die Organisation so gestrafft, dass es in den global 195 Wienerberger-Werken auch entsprechend Arbeitsplätze kostet?

Grundsätzlich ist es kein Restrukturierungsprogramm. Es ist ein "Performance Enhancement Programm", also Ertüchtigung in allen Unternehmensbereichen, von Produktion und Verkauf bis hin zu internen Prozessen. Besonders den Einkauf kann man ganz anders aufstellen. Im Einkauf geht es darum, unsere Stärke als Gruppe zu bündeln und mit großen Lieferanten auf Augenhöhe zu verhandeln. Im Verkaufsbereich kann das Portfolio ergänzt und erweitert werden für ein noch besseres Angebot für unsere Kunden machen.

Gerade hat Wienerberger 3,3 Milliarden Euro Umsatz und 15 Prozent Plus beim Ergebnis (Ebitda) auf 470 Millionen bekannt gegeben. Wie gehen Sie mit der Last der Erwartung um, den Aktionären noch mehr vorzulegen?

Die Erwartungshaltung ist berechtigt. Wir legen uns die Latte selbst auf Basis der Potenziale.

Wie unterstützt, wie fordert Sie dabei die Digitalisierung?

Die Digitalisierung ist eines der größten Themen. Da geht es nicht um Teilbereiche, sondern um die ganze Wienerberger AG und um den ganzen Bauprozess. Dafür brauchen wir eine starke IT-Basis, besonders für den digitalen Kontakt mit dem Kunden. Es gibt tolle Tools, unseren Partnern wie zum Beispiel Dachdeckern Berechnungen oder Visualisierungen zu erleichtern. Als führender Anbieter im Rohrbereich bieten wir das auch den Elektrikern und Installateuren. Große Zuwächse im Pipelife Webshop bestätigen unseren Weg. In Österreich kaufen die Installateure sehr stark direkt bei uns und wir garantieren definierten Regionen
zwölf Stunden Lieferfähigkeit auf der Baustelle. Zugleich mit dem Abruf haben sie schon das Youtube-Video zur Installation und Anwendung der Produkte.

Auch in Österreich muss zunehmend gebaut werden. Wo sehen Sie Handlungsbedarf für neuen Wohnraum und Sanierung?

Das ist ein großes Thema. Die Zuwanderung zu den Städten ist ein Megatrend. Mein Appell ist, es strukturiert anzugehen und frühzeitig in der Planung zusammenzuarbeiten. Das wäre extrem wichtig.

Ihnen taugt das Bauen?

Ja, sehr. Mir taugt der Geruch von Ziegeln und ich gehe auch gerne in unsere Werke. Ich brauche konkrete Produkte, für die ich arbeiten kann. Jemandem ein Haus, ein Heim zu geben, ist etwas extrem Schönes.


Gerade macht Wienerberger eine PR-Kampagne für ein Dach über dem Kopf. Was ist Ihres als Rückzugsort als Topmanagerin?


Das ist mein privates Umfeld mit meiner Familie. Mein Mann ist auch der beste Freund. Entspannenden Rückzug gewährt unser Haus auf der Gerlitzen.

Zur Person

Solveig Menard-Galli stammt aus St. Veit/Glan, studierte BWL an der Uni Klagenfurt (wo sie auch als Dozentin tätig war) sowie in Fountainbleau und Hawaii.

Karriere: Start bei Pago, Finanzdirektorin bei Heineken Niederlande, Managerin bei L´ Oreal Österreich. Seit 2016 bei Wienerberger AG, ab 1. Juni 2019 im Vorstand.

200 Jahre Wienerberger

"Dass wir nicht nur eine Frau an der Aufsichtsratsspitze haben, sondern nun auch eine im Vorstand, freut uns besonders im heurigen Jubiläumsjahr. Wienerberger ist 200 Jahre alt und seit 150 Jahren an der Börse notiert", so Heimo Scheuch. Der Kärntner ist seit zehn Jahren Vorstandsvorsitzender und bildet gemeinsam mit Willy Van Riet (CFO) den Vorstand, der mit 1. Juni 2019 mit Solveig Menard-Galli erweitert wird.

2018 hat Wienerberger den Umsatz um sechs Prozent auf den Rekordwert von 3,3 Milliarden Euro gesteigert. Das Ergebnis (Ebitda) stieg um 15 Prozent auf 470 Millionen Euro. 2019 wird eine Steigerung auf 560 bis 580 Millionen Euro angepeilt. Den Aktionären winkt für 2018 eine um 70 Prozent höhere Dividende von 0,50 Euro je Aktie. Der Ziegel-, Rohr-, und Dachkonzern hat 195 Werke in 30 Ländern und 16.596 Mitarbeiter.