"Ich hasse den Begriff Robotik“, wählt Gerald Steinbauer, Professor am Institut für Softwaretechnologie der TU Graz, einen zünftigen Einstieg vor den 400 Beschäftigten der PIA Automation in Grambach. Es ist zur Tradition geworden, dass der steirische Standort der global tätigen Industrie-Gruppe den jährlichen Start seines Fortbildungsangebotes („PIA Academy“) mit hochkarätigen Gästen zelebriert. Dieses Jahr mit Steinbauer: Er wurde 2018 mit einem Team der Technischen Universität Weltmeister in der „RoboCup Logistics League“. 2019 steht in Sydney die Titelverteidigung an.
Robotik – wo stehen wir in 10 bis 20 Jahren? „Den Begriff Robotik gibt es nicht mehr. Mittlerweile geht es um intelligente Systeme.“ Die zentrale Perspektive: „In Zukunft werden wir nicht mehr viel programmieren, sondern dem System erklären, was es tun soll.“ Ein Beispiel sei der Roboter „Rosie“ der TU München. Ohne konkret darauf programmiert zu sein, kann der Roboter Speisen zubereiten und servieren wie etwa Weißwürste – wenn auch nicht perfekt. Offenkundig werde dabei aber der Unterschied zur aktuellen Industrierobotik, die abgeschottet fixe Aufgaben abarbeitet, dabei wenig Entscheidungsspielraum hat und kaum Sensorik aufweist.
Ein Video zeigt "Rosie" bei der Arbeit:
Hingegen bewegt sich „Rosie“ in offener Umgebung, hat universelle Aufgaben und ist mit viel Sensorik ausgestattet. Der Roboter lernt und gibt einen Ausblick auf die Funktionsweise künftiger Haushaltsroboter. Die autonome Postzustellung im Grazer Zentrum ist ein weiteres Beispiel, wo ein intelligentes System in offener Umgebung getestet wurde.
Die Forschung arbeitet noch an den Grundlagen. „Wir müssen sicherstellen, dass sich das System nicht zu einem bösen System entwickelt. Da stehen wir am Anfang“, sagt Steinbauer, versichert aber, dass die Abschottung Zug um Zug aufgehoben werden wird – auch in der Industrie.
Autonomes Fahren "zu komplex"
„Wann fahren Autos autonom?“ Bei der Frage, die PIA-Chef Johannes Linden einwirft, bremst Steinbauer: „Das kommt nicht so schnell. Ich denke, dass die Hersteller auf die Schnauze fallen werden, denn die Aufgabe ist sehr komplex. Es gibt Hunderttausende von Situationen, die im Straßenverkehr auftreten können.“ Fortschritte erwartet Steinbauer am ehesten aus China. „Da steht die ganze Nation dahinter. Und viel Geld. Europa hat es verschlafen.“
Techniker, wie sie PIA benötigt, werden auch an der Bulme Graz-Gösting ausgebildet, der drittgrößten HTL in Österreich. Ein Lehrer-Schüler-Team wurde 2018 Vizeweltmeister in der „First Lego League“ und Vizeeuropameister bei den „EuroSkills“ in der Kategorie „Mobile Robotics“. „Unsere Schüler entwickeln Algorithmen für Industrieroboter und legen sich voll ins Zeug“, betont Peter Frauscher, Bulme-Lehrer, den „Spaß an der Ausbildung“. Selbige sei international gesehen durch HTL und TU „sehr gut“, bestätigt Wolfgang Weiß von PIA. „Es gibt dennoch viele Themen, die man erst im Unternehmen lernt. Wir sind von häufigen Änderungen getrieben, die Anwendungen werden immer kurzlebiger.“