EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker fordert die Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung. "Es darf nicht sein, dass ein EU-Land im Fall einer unverschuldeten Krise wegen steigender Arbeitslosenzahlen das Arbeitslosengeld kürzen muss", sagte Juncker der "Welt am Sonntag".
Wichtig sei vielmehr, dass in Krisensituationen nicht am falschen Ende gespart werde, "also bei Investitionen, Bildung und Arbeitslosengeld". Juncker sprach sich im Fall einer Wirtschaftskrise für eine Unterstützung der nationalen Arbeitslosenversicherungssysteme aus Europa aus.
Er schränkte aber ein, dass eine europäische Arbeitslosenversicherung "kein Freifahrtschein" für Länder sein dürfe, "die keine Reformen durchführen und dadurch in Schwierigkeiten geraten".
Finanzierung möglich
Zur Finanzierung einer solchen Arbeitslosenversicherung sagte Juncker, die Kommission habe im Entwurf für die mittelfristige Finanzplanung zwei Instrumente vorgesehen: "25 Milliarden Euro, um Strukturbeihilfeprogramme zu finanzieren und 30 Milliarden Euro für einen Abfederungsmechanismus gegen asymmetrische, externe Schocks". Das könne auch Rückversicherungen für nationale Arbeitsversicherungen einschließen. Dieses Instrument könne mithelfen, plötzlich auftretende Wirtschaftskrisen, die durch externe Entwicklungen hervorgerufen würden, in einem Land abzufedern und damit die nationalen sozialen Sicherungssysteme europäisch rückzuversichern.
Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte bereits Mitte Oktober Pläne für eine europäische Arbeitslosenversicherung vorgelegt. Demnach sollen EU-Staaten einen "europäischen Arbeitslosenstabilisierungsfonds" mit Beiträgen speisen, die sich an der Wirtschaftskraft (Bruttoinlandsprodukt) bemessen. Aus dem Fonds könnte sich eine nationale Arbeitslosenversicherung den Plänen zufolge Geld leihen, wenn das jeweilige Land von einer Wirtschaftskrise getroffen wird.