Es gibt kaum eine Branche, die so sehr von einem einzigen Tag im Jahr lebt wie die Pyrotechnik. In den Tagen vor Silvester generiert sie 80 Prozent ihres Jahresumsatzes. An 10.000 Verkaufsstellen – vom Lebensmittelmarkt bis zum Marktstand – werden Raketen und Kracher feilgeboten. Die Knallerei ist nicht jedermanns Sache, aber (notgedrungen) akzeptierter Teil des Brauchtums, verweist Christoph Riedl, Sprecher der Branche in der Wirtschaftskammer, auf eine Umfrage des Market-Instituts.
Die Ausgaben sind stabil bis leicht steigend. „Pro Kauf werden im Schnitt 57 Euro für das private Feuerwerk investiert“, sagt Riedl. Am beliebtesten sind Raketen, gefolgt von Batterie- und den relativ neuen Verbundfeuerwerken. So werden auch heuer Millionen Euro umgesetzt – in den Vorjahren waren es im Schnitt zehn Millionen. Die Feuerwerke kommen überwiegend aus Fernost, doch gibt es mit Liebenwein-Weco in St. Veit an der Glan und mit Pinto in Aggsbach (NÖ) zwei alteingesessene heimische Erzeuger. Die Zahl der Großhändler liegt mit 15 bis 20 deutlich höher.
Kollektive Gesetzesübertretungen
Dass es gerade in den Innenstädten und Ortsgebieten besonders laut kracht, fußt genau genommen auf kollektiven Gesetzesübertretungen. Denn laut Pyrotechnikgesetz ist das Abfeuern von Böllern und Raketen der Kategorie 2 im Ortsgebiet oder in der Nähe von Spitälern verboten. Ausnahmen sind nur mit Sondergenehmigungen des Bürgermeisters möglich, die es freilich so gut wie nie gibt. An das Verbot halten sich die wenigsten, obwohl der Strafrahmen beträchtlich ist. Für Verstöße sind Geldstrafen bis zu 3600 Euro möglich.
Noch teurer kann es mit bis zu 10.000 Euro für Händler werden, die die gesetzlichen Bestimmungen missachten. So dürfen Knallkörper der Klasse 2 (die meisten gängigen Raketen und Böller) nur an Personen ab 16 Jahren verkauft werden. Ab der Kategorie 3 ist eine pyrotechnische Ausbildung erforderlich. Bereits ab zwölf Jahren erhältlich ist dagegen die Klasse 1 (etwa Knallerbsen).
Feinstaub und Schwermetalle in der Luft
Besonders in Ballungsgebieten schießen die Feinstaubwerte rund um den Jahreswechsel traditionell weit in die Höhe. Doch es sind nicht nur die schädlichen Staubpartikel, die die Luft zu Silvester bis weit in den Neujahrstag hinein belasten. Laut Umweltbundesamt werden bei Raketenexplosionen auch Schwermetalle freigesetzt, die dem Feuerwerk die Farbe geben. Darunter finden sich Blei, Arsen, Strontium, Selen und Cäsium. Diese giftigen Stoffe gelangen auch in Böden und stehende Gewässer, nachdem sie sich abgesetzt haben.
Ein Schwermetall ist übrigens auch jenes Blei, das in den beliebten Bleigießsets enthalten ist. Die EU hat deshalb seit April jene Sets verboten, die mehr als 0,3 Prozent Blei beinhalten. Das giftige Blei kann durch das Einatmen der Dämpfe beim Erhitzen oder durch Hautkontakt in den Körper gelangen, warnen die Experten des Umweltbundesamts.
200 landen jedes Jahr im Krankenhaus
So viel dürfte schon vorab feststehen: Der Jahreswechsel wird auch diesmal an den Spitalsambulanzen nicht spurlos vorübergehen. 200 Personen verletzen sich laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) in Österreich jedes Jahr bei Pyrotechnikunfällen so schwer, dass sie im Spital behandelt werden müssen. Wie das Innenministerium warnt auch das Kuratorium vor allem vor nicht zugelassenen Knallern und Raketen, die häufig über Webshops oder unseriöse Straßenhändler bezogen werden. Häufigste Unfallursache ist vorzeitiges oder verspätetes Explodieren der Knallkörper, 36 Prozent der registrierten Unfälle sind auf eine derartige „Fehleinschätzung“ zurückzuführen.
Die Verletzten sind meist eher jung. Laut KFV ist rund die Hälfte aller wegen Pyrotechnikunfällen Behandelten zwischen 15 und 24 Jahre alt, weitere 17 Prozent sind sogar noch jünger. Und: Es sind fast ausschließlich Männer beziehungsweise Burschen, die sich verletzen.
Die häufigsten Verletzungen betreffen laut Umweltbundesamt Augen, Ohren und Hände. Das KFV mahnt, Blindgänger keinesfalls ein zweites Mal zu zünden, man sollte sich ihnen zunächst nicht mehr nähern. Fenster, Balkon- und Haustüren sollten zudem um den Jahreswechsel geschlossen werden, damit „Irrläufer“ nicht in die Wohnung oder ins Haus eindringen können.