Wegen der anhaltenden Probleme bei der Deutschen Bahn fordern Aufsichtsräte des angeschlagenen Staatskonzerns vom Vorstand rasch Konzepte zur Verbesserung des Schienenverkehrs und der dafür nötigen Finanzierung. "Ich erwarte vom Vorstand, dass er nachvollziehbar erklärt, wie der finanzielle Mehrbedarf gedeckt werden soll", sagte Aufsichtsratschef Michael Odenwald der Zeitung "Welt am Sonntag".

"Der Vorstand muss jetzt mit dem Eigentümer Bund einen gangbaren Weg erarbeiten und dem Aufsichtsrat in der Sitzung im März ein entsprechendes Konzept vorlegen." Erst vergangene Woche hatte sich Verkehrs-Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) unzufrieden mit der Leistung der Bahn gezeigt und vom Vorstand verlangt, bis März ein Konzept zur Neustrukturierung vorzulegen. Erste Ergebnisse solle der Vorstand im Jänner präsentieren.

"Eine einzige Katastrophenveranstaltung"

Aufsichtsrat Klaus-Dieter Hommel, der auch Vizechef der Bahngewerkschaft EVG ist, sagte der "Welt am Sonntag": "Das ist hier inzwischen eine einzige Katastrophenveranstaltung. Wenn die Deutsche Bahn ein Autohersteller wäre, wären die Lenkräder hinten montiert und die Räder oben."

Zuletzt war die Pünktlichkeitsquote bei Fernzügen wieder gesunken, hinzu kommen technische Probleme und hoher Finanzierungsbedarf. Bahnchef Richard Lutz und Netzvorstand Ronald Pofalla müssen laut "Welt am Sonntag" konkret am 15. Jänner im Bundesverkehrsministerium Eckpunkte für Maßnahmen zur Verbesserung der Lage vorstellen, um diese dann dem Aufsichtsrat vorzulegen.

"Ich erwarte vom Vorstand, dass er nachvollziehbar erklärt, wie der finanzielle Mehrbedarf gedeckt werden soll", sagte Aufsichtsratschef Odenwald.

"Qualität muss schnellstens wieder steigen"

Auch der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte gemahnt, die Qualität beim Bahnfahren müsse im neuen Jahr schnellstens wieder steigen. Es gebe Zeitdruck. "Das ist eine riesige Aufgabenstellung für die Spitze der Bahn", betonte Scheuer. Der Bund sitzt als Eigentümer auch mit Vertretern im Aufsichtsrat und kontrolliert somit das Management.

Die Bahn will nach früheren Aussagen aus eigenen Mitteln in den kommenden fünf Jahren fünf Milliarden Euro zusätzlich in Züge und Schienennetz investieren. Vier Milliarden Euro davon sind noch nicht finanziert, wie in Kreisen des Kontrollgremiums zu hören war. Nach Informationen der Welt am Sonntag" ist der Kapitalbedarf deutlich höher: "Wenn die Maßnahmen zur Stärkung des Schienenverkehrs umgesetzt werden, die im Koalitionsvertrag stehen, dann müssen in den kommenden vier Jahren alles in allem acht bis zehn Milliarden Euro zusätzlich aufgebracht werden", zitierte das Blatt ein namentlich nicht genanntes Aufsichtsratsmitglied.