Im Jänner feiert eine bunt zusammengewürfelte Community ein besonderes Jubiläum. Die erste Kryptowährung, Bitcoin, wird zehn Jahre alt. Freilich, nur wenigen Bitcoin-Anlegern wird angesichts der jüngsten Kursrutsche zum Feiern zu Mute sein. Denn sie befinden sich Mitten im Platzen einer der größten Spekulationsblasen der Geschichte. Zur Erinnerung: Am 17. Dezember 2017 erreichte Bitcoin das Allzeithoch. Binnen zwölf Monaten war der Kurs von 790 auf über 19.000 US-Dollar gestiegen. Danach ging es bergab. Zuletzt schwankte der Kurs zwischen 3300 und 3500 US-Dollar.
Doch wie kam es dazu? Gestartet von einer anonymen Hacker-Gruppe mit dem Synonym Satoshi Nakamoto zog Bitcoin anfangs vor allem Kapitalismus-Kritiker an. Eine Währung ohne Notenbank oder staatliche Regulierung, das war das Versprechen. Doch nicht nur Idealisten waren begeistert.
Schnell etablierte sich Bitcoin zur Tauscheinheit im Darknet, einem Teil des Internets, in dem man illegale Waren kaufen kann, von Drogen bis zu Waffen. Erst 2014 begannen die Behörden darauf zu reagieren. Doch Bitcoin war etabliert, es gab Leute, die bereit waren, Dollar oder Euro gegen Bitcoin zu tauschen, es gab einen funktionierenden Markt. Bis Ende 2016 blieb es ruhig, dann kam es zum sogenannten "Halving“. Kurz zusammengefasst: Die Betreiber der Infrastruktur für Bitcoin bekamen weniger bezahlt. Den Marktgesetzen folgend stieg der Kurs. Die Aussicht auf Renditen in einem Markt ohne jegliche Kontrolle zog viele Spekulanten an.
Bitcoin wurde vom Ideal der Markt-Rebellen zum Traum der Raubtier-Kapitalisten. So steht hinter dem jüngsten Kursrutsch ein Streit bei einem Bitcoin-Konkurrenten. Zwei Szene-Prominente stehen sich unversöhnlich gegenüber. Beide nutzen ihre großen Bitcoin-Vorräte um den Markt zu manipulieren. "Das hat zu einer Stopp-Loss-Lawine geführt, automatische Verkaufs-Aufträge wurden ausgeführt“, erklärt Johannes Grill von Bitcoin Austria. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, über Kryptowährungen aufzuklären.
"Dass private Spielchen auf den Rücken des Marktes ausgetragen wird, sorgt nicht gerade für Vertrauen“, bestätigt auch Ernst Tertilt von der Investmentfirma Crypto Management. "Durch eine fundierte Analyse können wir allerdings von fallenden Kursen profitieren. Es gibt inzwischen ja Futures und Optionen.“ Solche Vehikel sind vom normalen Aktienmarkt bekannt. Damit lassen sich quasi Wetten auf fallende Kurse abschließen.
Doch Tertilt ist vor allem von vielen der "Alt-Coins“, der Bitcoin-Alternativen, enttäuscht. "Viele Projekte liegen darnieder. Es kann nicht sein, dass Leute Geld einsammeln und dann nichts machen.“ Tertilt tritt deshalb klar für mehr Regulierung ein. "Nur das kann wieder für Vertrauen sorgen.“ Denn soviel ist für ihn klar: "Blockchain und Kryptowährungen werden sich durchsetzen. Nur halt nicht 4000.“
Für Grill sind Kryptowährungen weiterhin ein Thema für Spezialisten. "In einer Erbschaftssache wurden wir von einem Anwalt aufgefordert, Kontonummern bekannt zu geben“, erzählt Grill. Der Verstorbene hatte offenbar Bitcoins. "Ich musste dann erklären, dass wir keine Konten führen und Bitcoin anders funktioniert.“
Ein Probleme ist laut dem Kärntner Krypto-Experten Erwin Smole die fehlende Trennung zwischen Blockchain und Bitcoin. "Blockchain ist wie das Internet in den 1990ern.“ Bleibt man bei dem Vergleich, wäre Bitcoin eine Webseite oder eine App. Smole ist daher überzeugt, dass sich die Technologie am Ende durchsetzen wird.
Roman Vilgut