Spartag auf Sparflamme", "Zerreißprobe für Sparer", "Warum das Sparschwein eine arme Sau ist", "Der große Frust der kleinen Sparer" – die Tonalität der Schlagzeilen rund um den Weltspartag ähnelt sich seit Jahren. Die anhaltend triste Zinssituation sorgt bei klassischen Sparformen weiterhin für Realverluste, das heißt, dass die Sparzinsen mit der Inflation nicht mithalten können. Ein Verlustgeschäft. Vor diesem Hintergrund erscheint es geradezu paradox, dass diese Klassiker – vom Sparbücherl bis zum Bausparer – dennoch, gewissermaßen einzementiert, die Rangliste der beliebtesten Sparformen im Land anführen. "Die Sparer nehmen fünf Milliarden Euro Kaufkraftverlust im Jahr in Kauf", betonte zuletzt Thomas Schaufler, Privatkundenvorstand der Erste Bank.

Laut Daten der Nationalbank (OeNB) machen täglich fällige – also praktisch unverzinste – Einlagen hierzulande 251,7 Milliarden Euro (Stand Juni 2018) aus – das sind um fast neun Milliarden Euro mehr als noch Ende 2017. Die Nationalbank rechnet vor: In den letzten drei Jahren flossen durchschnittlich vier von fünf Euro in Einlagen und Bargeld, wobei täglich fällige Produkte zulasten von jenen mit Bindungsfristen bevorzugt wurden. Letztere erreichten Ende Juni 2018 aber ebenfalls immer noch ein stattliches Volumen von 104 Milliarden Euro.

Kaum Zinsen

"Die Zinsen für täglich fällige Sparbücher betragen zwischen 0,01 und 0,40 Prozent, für Online-Sparkonten zwischen 0,01 und 2,5 Prozent", berichtet Konsumentenschützer Christian Prantner von der Arbeiterkammer. Basis sind die aktuellen Daten aus dem Bankenrechner der AK, in den Daten von 36 Online- und Filialbanken aus ganz Österreich einfließen (Infos: www.bankenrechner.at).

"Wer sein Geld auf einem Kapitalsparbuch bindet, hat auch mäßige Zinsen", so Prantner. Für Kapitalsparbücher auf zwölf Monate betragen die Zinsen zwischen 0,05 und 0,9 Prozent, für 36 Monate zwischen 0,20 und 1,2 Prozent.

Historisch betrachtet seien negative Realzinsen indes "nicht ungewöhnlich", heißt es seitens der OeNB. "Eine Analyse der OeNB aus dem Jahr 2017 konnte nachweisen, dass seit den 1960er-Jahren die Verzinsung für (Spar) Einlagen mit kurzer Bindungsfrist häufiger unter als über der Inflationsrate lag."

Risikoscheu

Der Grundbefund, dass die Österreicher auf der Suche nach renditestärkeren Alternativen als traditionell risikoscheu gelten, hat sich trotz Zinsflaute nicht fundamental geändert. Die Bestandsaufnahme der OeNB zeigt aber auch, dass immerhin ein knappes Drittel des Geldvermögens österreichischer Haushalte in Wertpapieren veranlagt ist. Darin enthalten ist neben direkten, selbst getätigten Wertpapierinvestitionen auch die indirekte Veranlagung mittels Investmentfonds, Versicherungen sowie Pensions- und Mitarbeitervorsorgekassen.

Bei der Denkfabrik Agenda Austria wird dennoch attestiert, dass "die österreichischen Sparer in den vergangenen Jahren angesichts boomender Aktienmärkte viel an Potenzial liegen gelassen haben", so Finanzmarktexperte Lukas Sustala. Im europäischen Vergleich zeige sich demnach, dass Österreichs Sparer im Zeitraum zwischen 2012 und 2017 eine Durchschnittsrendite (abzüglich der Inflation) von 0,85 Prozent erzielten, in Ländern, in denen Wertpapiere bei der Veranlagung eine größere Rolle spielen, fällt der Wert deutlich höher aus. So weist die "Agenda Austria" für Finnland für denselben Zeitraum durchschnittliche Zuwächse von 6,2 Prozent aus.

Im aktuellen Allianz-Vermögensreport ergibt sich ein ähnliches Bild. Demnach kann die Inflation mit Spargeldern nicht mehr kompensiert werden, "die reale Rendite des Geldvermögens fiel im vergangenen Jahr auf 0,1 Prozent". Martin Bruckner, Chefinvestor der Allianz Österreich, hält daher fest: "Die Rückkehr der Inflation ist Gift für die ‚Sparbuch-Sparer‘, die privaten Sparanstrengungen sind hierzulande praktisch im Sand verlaufen."

Geteilte Meinung zu Aktien

Im Meinungsbild der Österreicher zeigt sich, dass Anlageformen wie Aktien, Anleihen oder Investmentfonds polarisieren: Eine Imas-Umfrage im Auftrag von Erste Bank und Sparkassen zeigt Folgendes: "Entweder kann man damit viel Verlust (67 Prozent) oder viel Gewinn (84 Prozent) machen."

Auch wenn der Weltspartag vor diesem Hintergrund längst kein "Feiertag" für Sparer mehr sein mag, verweisen Bankenvertreter dennoch gerne auf den pädagogischen Wert dieses Tages: "Der Weltspartag hat nach wie vor eine Bedeutung, es ist wichtig, das Sparen nicht zu verlernen", sagt etwa der Präsident der österreichischen Sparkassen, Gerhard Fabisch. Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny betont: "Wichtig ist, dass man schon in jungen Jahren lernt, mit seinem eigenen Geld sorgsam umzugehen. Dazu gehört auch eine Sparkultur."

Laut einer Erhebung von Marketagent.com im Auftrag der Bank Austria wollen auch heuer wieder rund 1,5 Millionen Österreicher am Weltspartag eine Bankfiliale aufsuchen.

"Viele Eltern sehen den Weltspartag nach wie vor als pädagogische Maßnahme, um Kindern den verantwortungsvollen Umgang mit Geld beizubringen und den Spargedanken zu festigen", sagt Reinhold Baudisch, Geschäftsführer des Vergleichsportals durchblicker.at. Dennoch müsse man bei "den niedrigen Zinsen mittlerweile aufpassen, dass man das Geld für seine Kinder vernünftig anlegt, damit der inflationsbedingte Werteverlust nicht zu stark am Ersparten knabbert".