Greening the Gas – das ist die neueste Idee der Politik und der Energieversorger zur Reduzierung von Treibhausgasen, der Dekarbonisierung. Im Prinzip geht es darum, überschüssigen Strom in einen leicht speicherbaren Energieträger umzuwandeln. Am besten dafür geeignet: Wasserstoff (H2) und Methan (CH4), hinlänglich als Erdgas bekannt. Die Hoffnungen ruhen dabei vor allem auf dem Gas, da es auch aus einer Synthese von Wasserstoff und Kohlendioxid (CO2) hergestellt werden kann. Damit könnte man das klimaschädliche CO2 binden. Ein weiteres Argument: Österreich verfügt über ein sehr gut ausgebautes Leitungsnetz und Gasspeicher mit einer Kapazität von 93 Terawattstunden (TWh) Energie. Zum Vergleich: Die jährliche Stromproduktion in Österreich beträgt rund 60 TWh.

Deshalb haben die Gasversorger in Österreich einen ambitionierten Plan entworfen, erklärt Manfred Pachernegg, Präsident des Fachverbandes Gas und Wärme: „Bis 2050 wollen wir die gesamte Wärmeerzeugung, sprich Fernwärme und Gasthermen, auf grünes Gas umstellen.“ Es geht hier um ein Viertel des jährlichen Gasverbrauchs. Den Grundpfeiler soll aber nicht Synthesegas bilden, sondern Biomethan, aufbereitetes Biogas aus Reststoffen der Landwirtschaft und aus Klärschlamm. Es kann direkt ins Erdgasnetz eingespeist werden. Laut einer Studie der Johannes Kepler Universität Linz könnten 2030 rund 600 Millionen Kubikmeter Biomethan in Österreich produziert werden. „Um dieses Ziel zu erreichen, muss man nur ein wenig in die Netzinfrastruktur investieren“, sagt Pachernegg.

So weit die Theorie. Allerdings wird die Rechnung derzeit ohne den Landwirt gemacht. Die Erfahrung der Bauern mit Biogas ist durchwachsen. Dennoch: Grundsätzlich stünde man der Idee positiv gegenüber, erklärt Christian Metschina, Vizepräsident des Biomasseverbandes: „Aber das muss auf einer fairen Ebene geschehen. Die Landwirte sollen auch etwas verdienen.“ Dazu muss man wissen: Normales Biogas ist nicht rein genug, um es ins Gasnetz einzuspeisen. Es muss in eigenen Anlagen aufbereitet werden. „Der Plan der Energieversorger, 600 Millionen Kubikmeter bis 2030 zu produzieren, ist sehr sportlich“, sagt Metschina.

Selbst wenn man jetzt investiert und die rund 300 Biogashersteller in Österreich auf Biomethan umstellen würden, müsste man die Zahl der Anlagen binnen zwölf Jahren vervierfachen. Und so lange unklar ist, wie es mit den Einspeistarifen weitergeht, seien Betreiber bei Investitionen zurückhaltend. Leben könnten Erzeuger mit dem Preis von acht Cent pro Kilowattstunde (kWh). Für Endkunden wäre es damit deutlich teurer als herkömmliches Erdgas, das derzeit rund vier Cent pro kWh kostet. Und: „Wir brauchen Biogasanlagen auch für die Erzeugung von Strom und Fernwärme. Außerdem können nicht alle Anlagen ohne Weiteres ans Netz angeschlossen werden“, sagt Metschina.

Das größte Problem bei Biomethan sei jedoch die Kapazitätsgrenze, erklärt Andreas Eigenbauer, Geschäftsführer des Gasregulators E-Control: „Bei der Erzeugung von Biomethan aus Abfallstoffen ist bei 600 Millionen Kubikmeter Schluss.“

Wenn bis 2050 nur mit grünem Gas geheizt werden soll, muss der Rest aus Wasserstoff hergestellt werden. Ein Experte in diesem Bereich ist Viktor Hacker, Professor an der TU Graz.

Es gebe zwei Methoden zur Produktion von Wasserstoff: die Abspaltung aus Erd- oder Biogas und die Elektrolyse, idealerweise aus Ökostrom. „Viele unterschätzen dabei den Strombedarf.“ Rund 30 Prozent der Energie gingen verloren. Bei Umwandlung zu Methan würde der Wirkungsgrad sogar unter 50 Prozent sinken.

Bis zum Ende durchgedacht, braucht es für die komplette Umstellung der Wärmeerzeugung von Erdgas auf ökologisches Gas daher neben Investitionen in Biomethan rund 20 Prozent mehr Strom. Und will man bis 2050 alle CO2-Emissionen um 80 Prozent senken, müsse man noch deutlich mehr tun, sagt E-Control-Manager Eigenbauer: „Die Dekarbonisierung Österreichs ist ein Ziel, das Milliarden kosten wird. Das muss man wissen.“