Die Welt wird klein für den einst als "mächtigsten Automanager der Welt" gelobten Martin Winterkorn. Die US-Justiz hat den ehemaligen Volkswagen-Chef wegen Betrugsverdachts angeklagt und auch einen Haftbefehl erlassen. Das hat für den 70-Jährigen erst einmal keine unmittelbaren Folgen, lebt er doch in einer Villa in München und somit außerhalb des Zugriffs der US-Justiz.

Lob für eben diese US-Justiz kommt von den deutschen Grünen, mehr dazu lesen Sie hier.

Allerdings sollte Winterkorn vorerst nicht ins Ausland reisen, wenn er nicht ausgeliefert werden will. Die US-Justiz wirft Winterkorn vor, seit Mai 2014 vom millionenfachen Einsatz einer illegalen Abgas-Software in VW-Dieselautos gewusst und nichts dagegen getan zu haben. Die Software schönte die Messwerte für Stickoxid bei Dieselfahrzeugen und zwang Winterkorn im September 2015 zum Rücktritt als VW-Lenker.

Autonarr und Perfektionist

Winterkorn sagt, von der Existenz der Software bis wenige Tage vor Bekanntwerden des Dieselskandals nichts gewusst zu haben. An dieser Version hält er fest - gegen die Aussagen ehemaliger Mitarbeiter und auch seines einstigen Mentors Ferdinand Piech.

Piech war es, der Winterkorns Aufstieg erst möglich gemacht hatte. Der promovierte Metallphysiker begann 1981 in der Qualitätssicherung bei Audi, wo er Piech kennenlernte. Zwölf Jahre später folgte er Piech zur Muttermarke VW und machte dort eine steile Karriere. 2002 wurde Winterkorn Vorstandsvorsitzender von Audi, ab 2007 stand er an der Spitze des VW-Konzerns. Er gilt als Autonarr und Perfektionist, der im Job penibel über kleinste Details diskutierte.

Winterkorn führte Volkswagen an die Spitze

Aus einem kränkelnden Unternehmen führte der gebürtige Leonberger VW unter die Top drei der Autokonzerne weltweit. Winterkorn verdoppelte den Umsatz und steigerte die Zahl der verkauften Autos von sechs auf zehn Millionen. Rekord reihte sich an Rekord. Das spiegelte sich auch in den Bezügen wider: 15 Millionen Euro bekam Winterkorn für das Jahr 2014.

2015 wurde dann sein Schicksalsjahr. Im April entzog Aufsichtsratschef Piech ihm das Vertrauen und versuchte, ihn abzusägen. Winterkorn setzte sich in einem wochenlangen Tauziehen durch - stattdessen trat Piech zurück. Doch der Erfolg währte nicht lange: Nachdem die US-Umweltschutzbehörde den Abgasbetrug bei VW im September öffentlich machte, musste Winterkorn die Manipulationen einräumen und gehen.

Nur noch ein öffentlicher Auftritt

Seitdem bezieht er laut "Bild" eine Pension von 3000 Euro pro Tag; es wurde ruhig um ihn. Nur einmal trat er noch öffentlich in Erscheinung, bei seinem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags Anfang 2017. Dort sagte Winterkorn erneut, er habe erst ganz am Schluss von den Manipulationen erfahren.

Bezweifelt wird das nicht nur in den USA - sondern auch in Deutschland. Auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig verdächtigt Winterkorn des Betrugs. Sollten die Braunschweiger Ermittler zum gleichen Ergebnis kommen wie ihre US-Kollegen, wird es für Winterkorn wohl auch in seiner Villa in München ungemütlich werden.