Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt ist die deutschen Autohersteller in der Dieselaffäre in harschen Worten angegangen. Die Autobauer sollten ihrer "verdammten Verantwortung" gerecht werden und Fehler beheben, sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag".
Dobrindt, dem die Opposition Laschheit gegenüber der Autoindustrie vorwirft, sagte: "Die Autoindustrie hat sich in richtig schweres Fahrwasser gebracht. Es droht auch ein Schaden für die Marke 'Automobil made in Germany'. Das empfinde ich als furchtbar".
Manipulierte Fahrzeuge müssten in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht werden. Illegales Verhalten werde das Verkehrsministerium nicht tolerieren. Die Autoindustrie müsse mehr Dynamik bei Innovationen der Antriebstechniken an den Tag legen. Der Diesel-Gipfel kommende Woche biete die Chance, Ökologie und Mobilität näher zusammen zu bringen und eine Perspektive für die Zukunft zu geben.
"Deutschland hat Höhepunkt überschritten"
Die Krise der Autobranche ist nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) der Vorbote nachlassender deutscher Wirtschaftskraft. "Deutschland hat den Höhepunkt seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erreicht und vielleicht schon überschritten", sagte DIW-Chef Marcel Fratzscher der "Welt am Sonntag".
Die Unternehmen investierten zu wenig vor allem in Forschung und Entwicklung. "Bei der Autoindustrie sieht man das in der Form, dass dort zu lange an alten Technologien festgehalten wurde." Das gesamte Label "Made in Germany" hänge maßgeblich vom Automobilbau ab. "Eine Krise der Automobilindustrie ist eine Gefahr für die gesamte deutsche Volkswirtschaft."
Nach dem Stuttgarter Urteil zur Luftverschmutzung bemühen sich in Deutschland Autoindustrie und Gewerkschaften um eine Abwendung von Diesel-Fahrverboten. "Es gibt intelligentere Lösungen als Fahrverbote, um die Luftqualität in den Städten zu verbessern", sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. Auch die IG Metall bezeichnete eine Vermeidung von Fahrverboten als "oberstes Ziel" des Diesel-Gipfels am Mittwoch.
Wissmann sagte, wenn der Diesel-Gipfel mit den Herstellern ein "überzeugendes Konzept" erarbeite, sehe er "Chancen, dass das Bundesverwaltungsgericht als höchste Instanz zu einem anderen Ergebnis kommen könnte als Stuttgart". Mit neuer Software lasse sich der Ausstoß von Stickoxiden um mindestens 25 Prozent senken.
"Im Fall älterer Dieselautos die beste Lösung"
Das Stuttgarter Verwaltungsgericht hatte am Freitag den Weg für Diesel-Fahrverbote in Innenstädten geebnet. Dies sei im Fall älterer Dieselautos die beste Lösung zur Senkung gesundheitsschädlicher Abgase, urteilte das Gericht. In Stuttgart und zahlreichen anderen deutschen Städten werden die Emissions-Grenzwerte deutlich überschritten.
Der IG-Metall-Chef von Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger, sagte dazu dem "Tagesspiegel am Sonntag", die Vermeidung von Fahrverboten sei das vorrangige Ziel. Eine Nachrüstung müsse so erfolgreich sein, dass Euro-5-Fahrzeuge weiter in die Innenstädte fahren dürften. "Das ist die zentrale Verabredung, die am Ende des Diesel-Gipfels stehen muss", sagte Zitzelsberger. Millionen Menschen seien auf ihr Auto angewiesen, betonte er.
Mobilitätsfonds für saubere Innenstädte geplant
Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" zudem unter Berufung auf Verhandlungskreise berichtete, will die Autoindustrie der Regierung auf dem Diesel-Gipfel am Mittwoch eine Art Mobilitätsfonds für saubere Innenstädte anbieten. In diesen sollen Staat und Wirtschaft gemeinsam einzahlen - die Rede sei von einem dreistelligen Millionenbetrag, wie die "FAS" berichtete. Davon sollen Studien für Verkehrsleitsysteme und ökologische Aufrüstungen der Busflotte finanziert werden.
Die deutsche Bundesregierung machte dagegen Druck auf die Hersteller, ältere Fahrzeuge über die Software hinaus nachzurüsten. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte im ZDF, Updates seien nur ein erster Schritt. Nötig seien vor allem technische Nachbesserungen zur Abgassenkung, und zwar auf Kosten der Hersteller. Sie erwarte bei dem Diesel-Gipfel eine konkrete Zusage, bis wann dies umsetzbar sei.
"Aufklärung endlich zur Chefsache machen"
Die Grünen riefen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, am Diesel-Gipfel teilzunehmen. Merkel müsse die Aufklärung "endlich zur Chefsache machen", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der "Bild"-Zeitung vom Samstag. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) habe in der Diesel-Affäre auf ganzer Linie versagt und gefährde damit den größten Industriezweig. Dobrindt und Hendricks haben gemeinsam zu dem Treffen eingeladen.