"Was immer auf den Markt kommt, wir werden sehr aggressiv vorgehen, sehr proaktiv.“

Es ist dieses eine Zitat, das im Vorfeld des Treffens mit James Rushton immer wieder durch den eigenen Kopf geistert. Im Februar hat es der Brite, Chef des Sportstreaming-Dienstes DAZN, in einem seiner seltenen Medienauftritte der Deutschen Presse-Agentur gesagt – und damit wahlweise für viel Aufsehen und Empörung gesorgt. Angekündigte „Aggressivität“ verstört, selbst am milliardenschweren, oft undurchsichtigen, Markt für Sportrechte.

Im Wiener Café Landtmann sucht man die vermeintlich aggressive Attitüde Rushtons vergeblich. Die Hemdsärmel locker aufgestreift, sitzt der einstige Wirtschaftsdirektor des englischen Fußballclubs Birmingham City dort, nippt am „vierten Café heute“ und erzählt launig von jüngsten Golf-Niederlagen gegen seine Frau. Die etwas zu weit geratene Brille muss der Manager im Gespräch fortan immer wieder zurechtrücken, Rushton spricht schnell und antwortet auf Fragen ausführlich.

Angriffslustig werden die Wörter erst, als es um die Absicht des Unternehmens geht. „Unser Ziel ist es, der größte Sport-Sender auf dem Markt zu sein“, sagt James Rushton dann bestimmt. Und: „Wir sind noch immer im Kaufmodus“. Die weitere Expansion soll in einer „wirklich hohen Geschwindigkeit“ passieren.

Wer die Daten hat, hat die Macht: DAZN stimmt das Programm auf jeden Einzelnen ab
Wer die Daten hat, hat die Macht: DAZN stimmt das Programm auf jeden Einzelnen ab © Dazn

Erst seit August des Vorjahres ist DAZN (sprich: „Dason“) in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Japan verfügbar, schnell setzte das „Netflix des Sports“ mit spektakulären Rechte-Käufen Ausrufezeichen. In Japan holte sich der Dienst um zwei Milliarden Euro die Rechte an der J-League, in Österreich und Deutschland sorgte man gemeinsam mit Sky dafür, dass die Champions League ab 2018 für drei Spielzeiten nicht mehr im Free-TV zu sehen sein wird. 600 Millionen Euro soll das Konsortium für die Rechte an der fußballerischen Königsklasse gezahlt haben.

Aber auch ausgewählte Spiele der US-Profiligen NBA (Basketball), NHL (Eishockey) oder NFL (Football) bietet DAZN heute in Österreich auf Smartphone, Smart TV, Tablet und PC an. Dazu Randsportarten wie Darts, Feldhockey oder Rugby. Bald könnten auch Formel 1, manch Wintersport-Disziplin oder die Rechte an einer neuen Großveranstaltung dazukommen.

Das alles realisieren James Rushton & Co. mit einem gerade einmal 170 Kopf starken Team und „ohne teure Satelliten-Anlagen“, wie Rushton gerne den Vergleich mit etablierter Konkurrenz bemüht. „Unsere ganze Plattform ist in der Cloud“.

Die finanziellen Fäden hinter dem jungen Dienst ziehen mit der Perform Group und deren Haupteigentümer, dem Milliardär Len Blavatnik, freilich umso potentere Geldgeber. „Bis 2020“, spricht James Rushton im Caféhaus erstmals von konkreten Zahlen, „wollen wir in allen jetzt bereits bestehenden Märkten Gewinne schreiben“.

Ob das mit teureren Abos oder gar extra zu zahlenden Paketen von den Kunden getragen wird? Rushton verneint. Er will an der 10-Euro-Flatrate festhalten. „Ein exklusives Champions-League-Paket wird es definitiv nicht geben. Wir sind ein All-you-can-eat-Verfechter“. Der nun trotzdem eine zusätzliche Barriere aufbaut und die Zuseherzahlen von markanten Sportereignissen künftig nach unten rasseln lässt? Rushton nüchtern: „Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Champions League nicht mehr im Free-TV zu sehen ist. Das ist nun einmal das Diktat der Wirtschaft.“

Verändern will DAZN die TV-Welt nicht nur mit aggressiver Preispolitik. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten muss der Streaming-Dienst die Sehgewohnheiten und biografischen Daten der Nutzer nicht schätzen – er liest sie aus, bekommt sie sogar in Echtzeit am Silbertablett serviert. Das wertvolle Datenmaterial soll dann ein abgestimmtes Programm und gezielte Push-Erinnerungen für den Einzelnen bringen.

Wie sich DAZN selbst sieht? James Rushton: „Nicht als Online-Stream-Business. Wir sind ein TV-Anbieter.“