Bei der Aufarbeitung des Dieselskandals setzt die Volkswagen-Tochter Audi Insidern zufolge zum Kahlschlag im Vorstand an, verschont dabei aber den intern kritisierten Vorstandschef Rupert Stadler. Vier von sieben Top-Managern müssten bald ihre Posten räumen, sagten mehrere mit den Überlegungen vertraute Personen am Freitag zu Reuters.

Finanzvorstand Axel Strotbek, Produktionschef Hubert Waltl, Personalvorstand Thomas Sigi und Vertriebsvorstand Dietmar Voggenreiter stünden vor der Ablösung. Audi und Konzernmutter VW lehnten Stellungnahmen ab.

"Es muss einen Befreiungsschlag geben. So kann es nicht weitergehen", sagte ein Insider. Nachfolger stehen den Kreisen zufolge noch nicht fest. Erwartet wird, dass darüber in Kürze entschieden wird, um endlich Ruhe in den gebeutelten Konzern zu bringen. Über Stadlers baldiges Aus wird seit fast zwei Jahren regelmäßig spekuliert. Ihm wird intern vorgeworfen, dass er bei der Aufarbeitung der Dieselaffäre keine gute Figur abgibt. Immer wieder kamen neue Details ans Licht - oft auch zur Überraschung des Aufsichtsrates. Zuletzt wurde berichtet, dass die VW-Tochter Audi, die eine zentrale Rolle in der Dieselaffäre spielt, schon 2013 die Entdeckung der Schummelsoftware gefürchtet habe.

Entscheidungen hinter den Kulissen vorbereitet

Wie die Insider weiter sagten, wurden die geplanten Personalwechsel bei der Aufsichtsratssitzung am vergangenen Mittwoch nicht offiziell besprochen. Einen formalen Beschluss gebe es nicht. Ziel war offenbar, die Entscheidungen hinter den Kulissen vorzubereiten und dann schnell über die Bühne zu bringen, um die Unruhe über die große Rochade möglichst in Grenzen zu halten. Das "Manager Magazin", das zuvor berichtet hatte, dass sich im Vorstand die Reihen um Rupert Stadler bald lichten werden, schrieb, Matthias Müller, Chef der Audi-Mutter Volkswagen und Aufsichtsratschef in Ingolstadt, habe die vier betroffenen Spitzenmanager im Umfeld der Aufsichtsratssitzung über ihre bevorstehende Ablösung informiert. Vertriebschef Voggenreiter, dem der Streit mit den chinesischen Händlern und der damit verbundene Absatzrückgang im größten Pkw-Markt der Welt angelastet werden, werde ebenso eine andere Position im VW-Konzern angeboten wie Finanzvorstand Strotbek.

Insidern zufolge wird Audi-Chef Stadler bei dieser Rochade nicht abgelöst - unter anderem, weil es derzeit keine Alternative gebe. Zudem halte die Eigentümerfamilie Porsche/Piech nach wie vor an ihm fest. "Man wird jetzt erstmal mit Stadler weitermachen und die Vorstände darunter austauschen", sagte ein Insider. Produktionschef Waltl hatte der Betriebsrat kürzlich öffentlich das Fehlen einer Produktionsstrategie für Elektroautos vorgeworfen und Zusagen für die Standorte Ingolstadt und Neckarsulm eingefordert. An Stadler übte die Arbeitnehmerseite zuletzt nur verhaltene Kritik. Einziges Audi-Vorstandsmitglied, das bisher nicht öffentlich im Feuer stand, ist der neue Entwicklungschef Peter Mertens: Der Manager ist erst seit Mai im Amt und arbeitete zuvor bei Volvo.

Frontaler Angriff durch Porsche-Betriebsratschef 

Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück griff den Audi-Vorstand kürzlich frontal an und forderte Freistellungen, weil der Sportwagenbauer durch "Tricksereien" der Konzernschwester in Gefahr geraten könne. Am Donnerstag verhängte das Bundesverkehrsministerium ein Zulassungsverbot für bestimmte Porsche-Geländewagen vom Typ Cayenne. Die Sechszylinder-Dieselmotoren mit drei Litern Hubraum stammen von Audi.

Anfang Juli wurde in der Abgasaffäre erstmals ein ehemaliger Manager festgenommen; der Mann arbeitete bei Audi in der Motorenentwicklung. Stadlers Hoffnung, dass er mit dem neuen, automatisiert fahrenden Flaggschiff A8 Vorwürfe und Anfeindungen hinter sich lassen könnte, verfing zunächst nicht. Bis in der Dieselkrise alle Details ans Licht gekommen sind, soll der Audi-Chef im Amt bleiben, sagen mehrere mit den Überlegungen vertraute Personen. Wenn ein neuer Vorstandschef geholt werde, müsse man sicher sein können, dass er unbelastet von der Vergangenheit in Ingolstadt starten könne. "Stadler muss das ausbaden", sagte ein Insider. Ein anderer: "Da ist es eh egal."