Firmen sollten rasch und möglichst von sich aus Strategien für den digitalen Wandel entwickeln und umsetzen - dies ist der Schluss aus einer von Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) initiierten Studie, die am Freitag in Graz bei AVL vorgestellt wurde. Leichtfried möchte u.a. das Harmonisieren der Datenschutzgesetze auf EU-Ebene zum Thema von Österreichs Ratspräsidentschaft 2018 machen.
Für die Studie zum Themenkomplex "Industrie 4.0" wurden 68 Unternehmen in ganz Österreich mittels qualitativer Interviews befragt. Die Breite der Umfrage reicht von rein österreichischen Unternehmen bis zu international geführten, aber hierzulande ansässigen Betrieben, mit einem repräsentativen Branchenquerschnitt. Laut Studienautor Markus Lassnig von Salzburg Research lassen sich aus den Ergebnissen der Untersuchungen sieben Empfehlungen an Unternehmer ableiten. Zweck der Studie sei es auch gewesen, die Dringlichkeit der Sache klarzumachen, obwohl die digitale Transformation noch in einer frühen Phase sei. In Fallstudien wurden fünf Unternehmen, darunter AVL, Atomic und Zumtobel, als Best-Practise-Beispiele dargestellt.
"Auf ein strategisches Level holen"
Zu den sieben Empfehlungen gehört zum ersten der Rat, die digitale Transformation auf ein strategisches Level innerhalb der Firma zu holen, sagte Lassnig. Sie operativ im Tagesgeschäft zu managen sei zu wenig, damit könne man Wettbewerbsvorteile verspielen. Zum zweiten solle man sich mit Stakeholdern im Wertschöpfungs-Netzwerk abstimmen, möglichst früh und aus eigener Initiative. "Sonst kann es geschehen, dass man im Wertschöpfungs-Netzwerk substituiert wird", so Lassnig. Zum dritten gelte es eine Strategie zur Sicherstellung der eigenen IT- und Datensicherheit sicherzustellen.
Weitere Punkte sind laut Lassnig die Entwicklung einer eigenen Datenstrategie unter Einbeziehung der Mitarbeiter, da das Thema Industrie 4.0 Ängste unter der Belegschaft hervorrufen könne. In diesem Zusammenhang sagte Minister Leichtfried, er sei der Überzeugung, dass die Jobs nicht weniger würden, sie würden sich nur verändern. Die Punkte sechs und sieben umfassten das Weiterbilden der Mitarbeiter in Industrie 4.0-relevanten Themen sowie neue Geschäftsmodelle als vom Kerngeschäft getrennte Einheiten zu schaffen.
Die Empfehlungen an die Politik sieht Leichtfried bei Umsetzung als Chance, Jobs wieder nach Österreich zu holen. Zu den vier Punkten gehören Bewusstseinsbildung sowohl in Richtung Unternehmen als auch in Richtung Bevölkerung, Industrie 4.0-relevantes Aus- und Weiterbildungssystem, Gesetzesharmonisierung beim Datenschutz und Öffnung der Technologieförderung in Richtung Dienstleistungsinnovation. Kopf in den Sand zu stecken hilft nicht", sagte Leichtfried, und erinnerte an die Stahlkrise in der Obersteiermark in den 1980ern, als man zur Kenntnis nehmen musste, dass man mit Billigstahl aus Österreich kein Geschäft mehr machen konnte. Leichtfried forderte, dass Programmieren sowie etwas wie eine vierte notwendige Kulturtechnik werden müsste.
AVL-Lenker Helmut List - in seinem Unternehmen war die Studie präsentiert worden - ergänzte, dass viele Themen nur noch durch digitale Prozesse lösbar seien. Ein Schlüsselpunkt ist die Forschung: "Als wir weniger Kunden hatten, im Jahr 2009, haben wir in Forschung und Entwicklung investiert. Damals haben wir z. B. ein bestehendes Kraftfahrzeug in ein E-Mobil umgebaut und an neuen Batteriesystemen geforscht."