Ryanair will die Konkurrenz mit noch niedrigeren Flugpreisen unter Druck setzen und hat ein Auge auf die zum Verkauf stehende Alitalia geworfen. Nach einem Gewinnsprung im Frühjahr kündigte der Billigflieger am Montag an, die Ticketpreise im Spätsommer um bis zu 9 Prozent zu senken. Damit könnten einige Rivalen auf der Kurzstrecke in Turbulenzen geraten, sagte Finanzvorstand Neil Sorohan.
Längst in großen Schwierigkeiten ist Italiens einstiger Staatsflieger, dem die Iren nun nicht nur Kunden abluchsen wollen: Ryanair habe ein unverbindliches Kaufgebot unterbreitet, so Sorahan. Doch Ryanair hat Alitalia nicht allein auf dem Radar, einem Insider zufolge sind etwa zehn Angebote eingegangen.
"Da draußen sind ein paar Leute, die das Leben langsam schwierig finden", beschrieb Sorohan den aktuellen Konkurrenzkampf. Gerade Ryanair hat die Luftfahrtbranche mit Billigtickets von Anfang an durcheinandergewirbelt. In den vergangenen zwei Jahren legte das Unternehmen von Michael O'Leary aber noch einmal kräftig nach: Ryanair erhöhte seine Sitzkapazität um ein Drittel und trug so maßgeblich zu immer niedrigeren Preisen auf europäischen Kurzstrecken bei. O'Leary hat zugleich derart den Daumen auf Ausgaben für Personal, Wartung und neue Flugzeuge, dass die nach Passagierzahlen größte Fluggesellschaft Europas auch die mit den niedrigsten Kosten in der Region ist.
55 Prozent mehr Gewinn
So gelang es ihr auch, im ersten Geschäftsquartal bis Ende Juni einen Nachsteuergewinn von 397 Mio. Euro einzufliegen - ein Plus von 55 Prozent. Dabei sorgte ein spätes Osterfest für einen seltenen Anstieg der Ticketpreise um 1 Prozent. Doch der Finanzvorstand machte umgehend klar, dass der Konzern seine Preiskampfpolitik auch nach dem Sommer nicht aufgeben und die Tarife im Winter um durchschnittlich 8 Prozent senken wolle. Analysten zufolge könnte dies neben Alitalia auch Air Berlin zusetzen. O'Leary will vor allem solchen krisengeplagten Konkurrenten Marktanteile abnehmen.
Doch bei Alitalia soll sein Beutezug noch weitergehen: Der Ryanair-Chef hatte im Juni erklärt, falls sich sein Konzern für eine Investition bei Alitalia entscheide, würde er eine Mehrheit anstreben. Am Freitag war die Frist für nicht bindende Angebote abgelaufen. Der Chef des AUA-Mutterkonzern Lufthansa, Carsten Spohr, hatte einen Kauf wiederholt ausgeschlossen. Trotz des laufenden Preiskampfs zeigte sich auch Spohrs Kranich-Airline jüngst optimistisch: Sie setzt auf einen Sommer-Boom und hob ihre Prognose für 2017 an. Billigflieger-Rivale Easyjet gab sich zuletzt ebenfalls optimistisch.
Zu Wochenbeginn waren aber auch Lufthansa und Easyjet nicht gegen den Abwärtstrend am Aktienmarkt gefeit. Die Preiskampf-Parolen von Ryanair schickten Lufthansa-Papiere 0,8 Prozent und Easyjet-Anteilsscheine 2,8 Prozent ins Minus. Doch auch mit Ryanair, die bei ihrem bisherigen Jahresausblick verharrten, waren die Anleger nicht zufrieden: Die Aktien gaben um 2,2 Prozent nach.