Das Jahr 2016 war das beste Camping-Jahr seit 1994. Was ist heute anders als vor zehn Jahren?
Birgit Gebetsroither: Das 2017er Jahr ist noch besser. Es ist heute schon so, dass die Leute mehr in Urlaub fahren als früher. Ich glaube, dass es der Wirtschaft in Österreich sehr gut geht. Zumindest lassen es sich die Leute gut gehen.
Wie unterscheidet sich der Camper vom normalen Hotel/Appartement-Urlauber?
Harald Gebetsroither: Zum Hotelurlauber ist der Unterschied einfach erklärt: Es ist die Freiheit, einfach in der Badehose frühstücken zu können. Man setzt sich auf die Terrasse des Mobilheims oder vor das Wohnmobil, man kann sich jederzeit etwas zu essen holen aus dem eigenen Kühlschrank, es ist eigentlich ein Zuhause.
Trotz Camping-Boom sind in den vergangenen zwanzig Jahren in Kärnten die Campingplätze verschwunden und Wohnkomplexen gewichen. Warum?
Harald G.: Ich glaube, die Campingplätze scheuen die Investitionen. Vor 30 Jahren hatte man eine Wiese, dort hat man ein paar Stromverteiler reingestellt und eine kleine Hütte mit WC und Dusche gebaut. Das war ein Campingplatz. Heute reicht eine leere Wiese nicht mehr. Man muss den Gästen inzwischen deutlich mehr bieten.
Gebetsroither hat die Geschäftszweige Verkauf und Vermietung. Passt das zusammen?
Birgit G.: Ja, es ergänzt sich. Die Mieter werden teilweise zu Käufern. Da gibt es Kunden, die gerade etwas gebucht haben. Die sehen dann ein gutes Angebot bei der Hausmesse und kaufen. Das funktioniert auch umgekehrt. Käufer, die nicht mehr fahren können, mieten. Wir haben jetzt auch ein neues Unternehmen, mit dem wir Stellplätze vermieten: „Happy Ferien“.
Harald G.:Happy Ferien hat sich aus einer Freundschaft mit einem Partner aus Kroatien entwickelt. Die hatten Campingplätze, aber keine Vertriebsstruktur. Wir hatten die Infrastruktur und die Kunden. Daher haben wir ein Reisebüro gegründet, um diese Stellplätze zu vermieten. Vergangenes Jahr haben wir das dann erweitert.
Birgit G.: Wir haben ebenfalls begonnen, Reiserouten zu entwerfen. Die Kunden können das Wohnmobil bei uns mieten und bekommen eine fertige Route, mit Plätzen, die sie anfahren können. Das ist eine Art Komplettpaket.
In Österreich gibt es gut 25.000 Wohnmobile. Wie viele kommen von Ihnen?
Harald G.: In der Jahresstatistik bei den Neuwagenzulassungen sind wir mit der Marke Adria auf Platz vier oder fünf. Adria ist ein Unternehmen aus Slowenien, das den Aufbau macht.
Birgit G.: Wir sind hier der alleinige Importeur für Österreich. So können wir die Preise bestimmen, müssen uns aber um Kataloge und den Vertrieb kümmern.
Gebetsroither hat zwei Händler als Partner. Ist mehr geplant?
Birgit G.: Der Wunsch wäre da. Aber es ist nicht so einfach. Ein Partner braucht zum Start mindestens fünf Wohnmobile, fünf Wohnwägen und zwei Busse. Das kann sich einfach nicht jeder leisten.
Camping-Mobile sind wirklich nicht billig. Wie oft muss man es nutzen, damit es sich rechnet?
Harald G.: Wenn man es so betrachtet, zahlt es sich nicht aus. Campen ist Einstellungssache. Birgit G.: Wer normal arbeiten geht und nur zwei oder drei Wochen im Jahr Zeit hat, sollte lieber mieten. Käufer sind meist Pensionisten oder ganze Familien. Dann teilen sich Eltern und Kinder das Wohnmobil.
Vor sechs Jahren haben Sie die Firma von Ihrem Vater übernommen. Wie war das für Sie beide?
Harald G.: Was wir in der Familie können und worauf unser Vater auch immer geachtet hat: Wir trennen die Firma vom Familiären. Das ist, glaube ich, das Wichtigste.
Gab es Reibereien?
Harald G.: Im Zuge der Übernahme gab es so ein Thema. Unser Vater betonte immer, was er alles geschaffen hat, und beklagte, dass wir das nicht schätzen könnten. Da haben wir uns schon verteidigt und gesagt: „Pass auf, wir sind schon seit Jahren in der Firma, das hast nicht nur du geschaffen, das haben auch wir erarbeitet.“
Birgit G.: Ich bin bereits während des Jugoslawienkriegs in die Firma eingestiegen. Es war eine schwierige Zeit. Die Vermietung in Kroatien lief nicht mehr. Die Firma stand vor dem Ende. Ein ehemaliger Partner hatte uns das Geschäft in Liezen verboten. Nur die Standorte in Wien und in Timelkam sind geblieben. Wir hatten das Glück, dass ein Produzent ein guter Freund war und uns weiter beliefert hat. Harald G.: Das zweite Glück war, dass der damalige Partner kein Interesse an Vermietung hatte und wir hier ein zweites Standbein hatten. Als die Sperre in Liezen ausgelaufen ist, habe ich den Standort vor Ort wieder aufgebaut. In Zusammenarbeit mit der gesamten Familie und unserem Team haben wir dann den Handelsbereich dorthin gebracht, wo er heute ist.
Wo lagen oder liegen die Auffassungsunterschiede?
Birgit G.: Unser Vater ist in einer anderen Zeit aufgewachsen. Es war damals alles etwas ruhiger. Durch das Internet geht alles viel schneller.
Harald G.: Wichtige Entscheidungen treffen wir weiterhin miteinander. Dafür gibt es wöchentliche Sitzungen. Da ist mein Vater nur zwei Mal gekommen. Als er sich einmal beschwert hat, dass wir ihn nicht informieren würden, hab ich gesagt: „Du musst nur zu den Sitzungen kommen.“ Manchmal glaube ich, er fordert uns ein bisschen heraus. Er weiß, mit welchen Themen er mich auf die Palme bringen kann. Ich versuche halt, dass ich nicht mehr darauf einsteige. Hin und wieder schafft er es dennoch, mich zum Explodieren zu bringen. Aber dann ist es auch wieder gut und wir verstehen uns prächtig.
Roman Vilgut