Zum zweiten Mal seit 2015 haben mit Ende Juni die pharmazeutischen Unternehmen ihre geldwerten Leistungen, die im vergangenen Jahr an Ärzte, Krankenhäuser und andere Institutionen erbracht worden sind, veröffentlicht. Im Rahmen einer Pressekonferenz stellten Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber und Ärztekammer-Vizepräsident Herwig Lindner am Mittwoch in Wien ihre aktuellen Zahlen vor.
89,9 Millionen Euro zahlten demnach die heimischen Pharmaunternehmen im Jahr 2016 an Ärzte und medizinische Institutionen. Ein Drittel (ca. 33,7 Mio. Euro) sei dabei auf Forschungstätigkeiten und die Durchführung klinischer Studien im Rahmen der Arzneimittelentwicklung entfallen. Ein weiteres Drittel (ca. 33,8 Mio. Euro) sei Veranstaltungen zu wissenschaftlicher Information und fachlicher Fortbildung zugutegekommen, sagte Huber. Der restliche Anteil setze sich aus Dienst- und Beratungsleistungen (14,7 Mio.) sowie Spenden und Förderungen für Institutionen (7,7 Mio.) zusammen.
"Jede Zustimmung ist ein Erfolg"
Die vom Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig) erhobenen Zahlen umfassen die Angaben von 74 pharmazeutischen Unternehmen. Insgesamt 119 Unternehmen sind zur Offenlegung geldwerter Leistungen verpflichtet, die über "eine öffentlich zugängliche Website der Unternehmen" zu erfolgen hat. Bei 29 davon hätte es keine solchen Leistungen gegeben, von 16 Unternehmen seien zum Erhebungszeitraum keine Daten vorgelegen.
Zur Offenlegung brauche es aus Datenschutzgründen die Zustimmung jedes einzelnen Arztes bzw. jeder Institution, sagte Huber. "Jede Veröffentlichung, jede Zustimmung ist ein Erfolg. Wir haben etwa eine Verbesserung bei den Institutionen erreicht, von 56,7 auf 62,4 Prozent." Das sei eine positive Entwicklung, aber man habe "noch Ziele zur Verbesserung". Eine Begründung der geringeren Geldleistung von 90 Millionen im vergangenen Jahr (2015 waren es rund 100 Millionen) sah der Generalsekretär etwa in einer unterschiedlichen Auszahlung von Geldern im Bereich Forschung und Entwicklung. Dort sei der Fluss von Geldmitteln oft an Milestones (überprüfbare Etappen mit Zwischenzielen im Projektverlauf, Anm.) gebunden, daher werde nicht jedes Jahr der gleiche Betrag ausgezahlt.
Pharmig und die Österreichische Ärztekammer betonten einmal mehr die Wichtigkeit ihrer engen Zusammenarbeit sowie jene der Transparenz durch die Offenlegung der Geldflüsse. Es brauche das "Miteinander von Industrie und Ärzteschaft, um die Qualität und den wissenschaftlichen Fortschritt in der Gesundheitsversorgung voranzutreiben", war Huber überzeugt. Ohne Kooperation mit der Industrie, so Lindner, gebe es keine Weiterentwicklung von Medikamenten und auch ein "Wissenstransfer in alle Richtungen" könnte nicht optimal stattfinden.
Weiße Weste
Die Pharmaindustrie versucht seit Jahren, sich in Sachen Transparenz bei den Geldflüssen an Ärzte und Organisationen eine sprichwörtlich weiße Weste zuzulegen. In Europa werden - wie in Österreich - die selbst auferlegten Offenlegungsmaßnahmen nur über die Homepages der einzelnen Unternehmen realisiert, was einen Überblick schwierig macht. Kritiker, etwa von Transparency International - Austrian Chapter, forderten daher eine gesetzliche Verpflichtung und ein zentrales Veröffentlichungsregister. Inhaltlich sei eine freiwillige Selbstregulierung jedoch höher zu bewerten und wirke motivierender, durch Gesetze werde eher Druck ausgeübt, meinte Lindner.
"Keine einfache Geschichte"
Eine Offenlegung ist laut Huber außerdem "keine einfache Geschichte, da sie nicht unbedingt Teil unserer Kultur in Österreich" sei. "Die Ärzte leisten etwas für dieses Geld, es ist nicht geschenkt und keine Zuwendung. Es hat aber verschiedene Gründe, dass Ärzte ihren Namen nicht publiziert haben wollen", sagte Lindner. "Das hat etwas mit dem Umgang hierzulande zu tun." Dieser könne von Neidgefühlen bis hin zu dienstrechtlichen Konsequenzen reichen.