Boeing punktet unter anderem mit einer neuen, längeren Version ihres Mittelstreckenfliegers 737-MAX und hat damit seinen europäischen Rivalen Airbus auf der Pariser Luftfahrtmesse weit hinter sich gelassen. Der US-Konzern sammelte Bestellungen und Vorverträge über 571 Verkehrsflugzeuge ein - von Auftragsflaute keine Spur. Die Europäer kamen nur auf 346 Maschinen, nachdem sie die US-Amerikaner in den Vorjahren vielfach übertroffen hatten.
Während der scheidende Airbus-Verkaufschef John Leahy insgesamt von einem Tiefpunkt im normalen Auftragszyklus sprach, sah sein Kollege Ihssane Mounir von Boeing keinen Grund zur Klage. Laut Preisliste haben Boeings Verträge aus Le Bourget einen Gesamtwert von 74,8 Mrd. US-Dollar (67,1 Mrd. Euro). Airbus kommt auf 42,2 Mrd. Dollar. In der Regel gewähren die Hersteller allerdings Rabatte im zweistelligen Prozentbereich.
Modernisierte Mittelstreckenjets
Punkten konnten beide Hersteller mit ihren modernisierten Mittelstreckenjets - dem Airbus A320neo und der Boeing 737-MAX. Deren Produktion ist auf Jahre hinweg ausgebucht. Weniger gefragt waren die größeren und teureren Langstrecken-Maschinen, von denen Boeing 56 Stück und Airbus gerade mal 20 Exemplare los wurde. Beim weltgrößten Passagierjet A380 hält die auftragslose Durststrecke an.
Die weltgrößte Luftfahrtmesse, die alle zwei Jahre am Flugplatz Le Bourget bei Paris stattfindet, lief für Boeing auch deutlich besser als die letzte Veranstaltung an dieser Stelle im Jahr 2015, als die US-Amerikaner nur 331 Maschinen losgeworden waren. Bei der Farnborough Air Show nahe London, die sich jährlich mit der Paris Air Show abwechselt, kam Boeing 2016 sogar nur auf 140 verkaufte Flugzeuge - gerade mal halb so viele wie Airbus.
Flaute bei Riesenjets
Nicht eingerechnet in Boeings aktuelle Zahlen sind Bestellungen für 214 Mittelstreckenjets in der neuen Langversion 737-MAX-10, bei denen die Käufer lediglich bestehende Aufträge in solche für die gestreckte Version umwandelten. Boeing hatte die Einführung der MAX-10 am Montag offiziell bekanntgegeben. Der Flieger soll bis zu 230 Passagiere fassen und damit 10 mehr als die MAX-9. Boeing versucht so, zu Airbus aufzuschließen, dessen A321neo bis zu 240 Fluggäste befördern kann. In Le Bourget holten die US-Amerikaner auch tatsächliche Neuaufträge und Vorverträge über 147 Exemplare der MAX-10 herein.
Für die Riesenflieger Airbus A380 und Boeing 747-8 (Jumbo-Jet) sieht es weiter trübe aus. Beide Hersteller haben die Produktion wegen der dürren Auftragslage deutlich gedrosselt. Boeing baut beim Jumbo auf die Frachterversion. Airbus will den weltgrößten Passagierjet A380 mithilfe riesiger abgeknickter Flügelspitzen (Winglets) sparsamer machen. Neuerungen in der Kabine sollen Platz für 80 zusätzliche Fluggäste schaffen. Insgesamt soll der Spritverbrauch pro Sitzplatz im sogenannten A380plus um 13 Prozent sinken.
Airbus setzt darauf, dass mit dem wachsenden weltweiten Flugverkehr zwangsläufig auch der Bedarf an riesigen Maschinen mit mehr als 600 Sitzplätzen wie der A380 zunimmt. Bisher haben sich diese Erwartungen allerdings noch nicht in neuen Aufträgen gezeigt.