Zwar ist die Reform des Privatinsolvenzrechts bisher von SPÖ und ÖVP für einen Start am 1. Juli nur angekündigt und noch nicht im Parlament beschlossen: Aber alleine wegen der Erwartung der neuen Regeln gibt es laut KSV1870 einen Privatkonkurs-Rückgang von 31 Prozent im ersten Halbjahr 2017 verglichen zum Vorjahreszeitraum.
Die geplanten neuen Regeln - die der KSV und anderen Gläubigerschutzverbände, die Wirtschaftskammer, Banken und Teile der ÖVP nicht goutieren - würden einige Erleichterungen für Privatschuldner bringen. Und daher dürfte es einen Trend zum Zuwarten mit dem Schritt in den Privatkonkurs geben.
Der KSV rechnet noch mit einem Beschluss vor den Neuwahlen - "ohne weiterem Feinschliff", obwohl seit Begutachtungsende Anfang Mai "Funkstille" herrsche. Doch auch in dieser Plenarwoche stehen die Reformpläne (noch) nicht auf der Agenda.
Pleiten-Tsunami droht
Jedenfalls wurden laut KSV-Hochrechnung in den ersten sechs Monaten nur 2.935 Verfahren eröffnet, was eben fast ein Rückgang von einem Drittel ist. Die Verbindlichkeiten gingen im ersten Halbjahr hochgerechnet um rund 41 Prozent zurück, hieß es am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.
Dort war von einem zu erwartenden "Tsunami" die Rede. Zuerst würden die Zahl an Pleiten zurückgehen, ähnlich wie bei einem Tsunami das Meer zuerst zurückweicht. Im zweiten Halbjahr werde es aber zu einem "Backlash" kommen. Letztlich würden die Privat-Schuldenregulierungsverfahren 2017 aber etwa auf dem Vorjahresniveau zu liegen kommen, schätzt KSV-Experte Hans-Georg Kantner. Er warnte einmal mehr, dass Konsumschuldner mit den möglichen neuen Regeln allzu leicht entschuldet werden würden. Auch sei aus Zeitgründen eine ausführliche Befassung unterblieben, kritisiert der Fachmann. "Die Regierung wollte Tempo zeigen."
Jedenfalls werde die Novelle Gläubigern und Gerichten deutliche Mehrarbeit bescheren. Außerdem gehe es in der Reform laut Kantner darum, anstatt Schulden zu tilgen, Geld lieber in den Konsum zu stecken. "Eine langfristige und belastbare Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sollte anders ausschauen", kritisiert Kantner.
Weniger Firmenpleiten
Die Unternehmensinsolvenzen sind im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 4 Prozent gesunken. Ein Plus gab es laut der Hochrechnung des KSV1870 nach Bundesländern nur in Niederösterreich - dort aber gleich um 20 Prozent. Fürs Gesamtjahr rechnet der Gläubigerschutzverband mit einer "ruhigen Lage". "Wir stehen an der Schwelle einer Konjunkturbelebung."
Hochgerechnet gingen in den ersten sechs Monaten heuer 1.540 Firmen Pleite - ein Minus von 7 Prozent, wie der KSV bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien bekannt gab. Wegen zu wenig Vermögen nicht eröffnet wurden 1.028 Insolvenzfälle, womit mit die Zahl im Vergleichszeitraum stabil blieb. Die Zahl der betroffenen Dienstnehmer sank um 22 Prozent auf 7.400.
Die insgesamt 2.542 insolventen Unternehmen häuften Verbindlichkeiten von 652 Mio. Euro (ohne Ausschüttungen/Quotenzahlungen) an. Das ist ein Rückgang von 64 Prozent, weil im ersten Halbjahr 2016 Sonderfälle (etwa Activ Solar mit 500 Mio. Euro und Slav Handel mit 113 Mio. Euro mit Verbindlichkeiten in der Ukraine) die Gesamtverbindlichkeiten massiv erhöht hatten. Rechnet man die Sonderfälle heraus, so liegen die Gesamtverbindlichkeiten heuer nach sechs Monaten immer noch um 25 Prozent unter jenen des ersten Halbjahres 2016.
In der Steiermark sind die Pleitefälle nach dem Burgenland (minus 26 Prozent) am deutlichsten gesunken - minus 22 Prozent. Die Verbindlichkeiten gingen sogar um 55 Prozent zurück. Das zeigt laut KSV-Experten Hans-Georg Kantner, dass die industriegeprägte Steiermark nach "insolvenz-intensiven Jahren" nun an Rest-Österreich aufschließe. Durch den hohen Grad an industrieller Fertigung sei das Land externen und konjunkturellen Einflüssen gegenüber besonders empfindlich.