Sie sind Teil des Verbands alternativer Telekomanbieter, der die Breitbandmilliarde stark kritisiert. Ist Tele2 gegen den Breitbandausbau?
Alfred Pufitsch: Nein, wir haben nichts gegen den Breitbandausbau, er ist ja eine Notwendigkeit. Doch er ist nur sinnvoll, wenn er für die einzelnen Unternehmen attraktiv ist. Investitionen werden ja nicht durch Förderungen ermöglicht, sondern durch das Geschäft, das ich am Ende daraus ziehen kann. Und das schaut im Moment nicht so rosig aus.
Vor allem die Telekom Austria nutzt die Mittel der Breitbandmilliarde. Gibt es eine Re-Monopolisierung?
Die Gefahr ist groß. Das hängt auch von den Preisen der Vorleistungsprodukte ab. Ein Beispiel: Bei einer Kupferleitung zahle ich derzeit eine Art Grundgebühr und bin relativ frei in der Gestaltung. Bei der Glasfaserleitung steigt der Preis auf einmal mit der Bandbreite. Ich starte zwar relativ günstig, aber ab 50 Megabit pro Sekunde wird es teuer.
Was wäre Ihr Wunsch?
Wenn wir in der Bandbreite frei wären und aufgrund besserer Technologie ein bisschen mehr zahlen würden.
Wie viel muss investiert werden, wenn Österreich flächendeckend den neuesten, noch schnelleren Mobilfunkstandard 5G einführen will.
Das wird man viel gezielter machen müssen als bisher. Es bringt nichts, Geld für Frequenzen zu verlangen, um es nachher in Form einer Förderung wieder zu verteilen. Ich glaube es wäre wichtig, über Auflagen an die Betreiber nachzudenken. Man sollte klare Ziele bestimmen. Will man autonomes Fahren ermöglichen? Was braucht es dafür? Da braucht es ein gesamteuropäisches Konzept, das durch nationale Maßnahmen unterstützt werden kann.
Tele2 ist seit fast 20 Jahren in Österreich. Nun konzentrieren Sie sich auf Firmenkunden. Überlassen Sie die Privatkunden den Mitbewerbern UPC und A1?
Bei den Privatkunden konzentrieren wir uns auf die Bestandskunden. Aber wir konzentrieren uns nicht mehr darauf, den Markt zu erobern und zu erweitern.
Sie überlassen A1 und der UPC kampflos das Feld?
Da überlassen wir das Feld dem, der wie auch immer besser aufgestellt ist. Das stimmt. Aber wir entwickeln uns auf der anderen Seite sehr stark am Markt für mittlere und große Unternehmen. Alles, was über Standard-Pakete hinausgeht, ist im Wesentlichen unser Gebiet.
2015 hat Tele2 noch Geschäftzahlen veröffentlicht. Aktuell Zahlen fehlen aber. Warum?
Aufgrund der neuen Strategie und der Konzentration auf Geschäftskunden gibt es einen Rückgang. Doch ich bin jetzt sieben Jahre bei Tele2. Wir haben aus einer schwierigen Situation eine finanziell sehr attraktive Situation gemacht. Wir haben auch ein paar Versuche gemacht, um den den Massenmarkt noch einmal zu adressieren. Doch das hat zu einem Rückgang im Ergebnis geführt und wir sind im Moment wieder dabei, auf die Ergebnis-Levels der jüngeren Vergangenheit wieder anzuschließen.
Vor sieben Jahren war Österreich für Kunden ein „Mobilfunk-Mekka“, für Betreiber einer der härtesten Märkte Europas. Wie ist die Lage jetzt?
Österreich ist nach wie vor einer der härtesten Märkte. Es gab kurz Preissteigerungen, das Preisniveau hat sich hochbewegt. Dann ist es ein bisschen gestanden. Und wenn ich mir die Angebote anschauen, die vor der Weihnachtszeit herausgekommen sind, da muss ich sagen: Da ist der Kampf wieder eröffnet. Für den Massenmarkt zumindest. Darum sehen wir unsere Chancen und unser Hauptbetätigungsfeld im Mobilfunk nicht im Massenmarkt.
Mitte 2017 wird das Roaming in der EU abgeschafft. Kleine Mobilfunker fürchten Verluste. Wie sehen Sie die Situation?
Es ist nichts geklärt und die Kommission hat gerade erst einen Vorschlag gebracht, um Missbrauchsszenarien einzudämmen. Da fährt jemand in ein Land, in dem er die Sim-Karte billig bekommt, und kauft sie dort. Oder Konzerne machen eine Beschaffungstochter in Litauen auf und melden dort alle Firmenhandys an.“
Das hätte auch ein potenzielles Geschäftsmodell für einen österreichischen Mobilfunker sein können, der sich auf Firmenkunden konzentriert?
Vorstellen kann man sich alles. Aber man muss auf eine Regelung warten. Dann sieht man, wie umfänglich sie ist. Werden auch Vorleistungen reguliert und wird damit den kleinen Anbietern geholfen oder muss jeder Mobilfunkanbieter ein EU-weiter Anbieter werden, um überhaupt in der Lage zu sein, Sim-Karten zu vertreiben?
Viele fürchten, dass die Tarife im Inland steigen werden.
Es ist die Frage, ob der Markt das mitmacht. Ich kann überall einen Preis dazuschreiben und auf einmal gehen meine Bestellungen nach unten. Aber für Anbieter mit vielen Kunden besteht Gefahrenpotenzial.
Als Sie vor einem gestartet sind, haben Sie 40.000 Kunden als Zahl genannt. Wurde das Ziel erreicht?
Wir tun uns schwer. Mit der Strategieänderung, uns stark auf große Unternehmen zu konzentrieren, haben wir diesen Weg inzwischen verlassen. Wir werden die Zahl irgendwann schon erreichen, aber sie ist in der Form nicht mehr im Fokus.
In Entwicklungsländern wird das Festnetz übersprungen. Wird es bei uns bald auch keine Rolle mehr spielen?
Ich glaube wir haben den Luxus, alles zu haben. Es gibt ja keinen Haushalt, der nicht zumindest eine Kupferleitung hat und jetzt kommt der Glasfaser-Ausbau. Und bereits heute gibt es Hybrid-Lösungen aus Festnetz und Mobilfunk. Die Entwicklung geht eindeutig dort hin. Also warum sollte man nicht beide Technologien nutzen, wenn man sie schon hat.
Roman Vilgut