Die österreichische Wirtschaft wird nach Einschätzung des IHS 2016 bis 2020 um durchschnittlich 1,4 Prozent pro Jahr wachsen, nach durchschnittlich 1,1 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Der Brexit wird die Wirtschaftsleistung insgesamt um 0,5 Prozent dämpfen. Österreich sei wieder auf die Normalspur zurückgekehrt, so IHS-Experte Helmut Hofer am Donnerstag in einer Pressekonferenz.

Nach einem langsameren Wachstum im Vergleich zum Euroraum wachse die österreichische Wirtschaft nun wieder im Tempo des Euroraums, für den ebenfalls mit einer jährlichen Wachstumsrate von 1,4 Prozent gerechnet wird. Die Wachstumsrasanz bis zur Finanzkrise sei aber verloren gegangen, wobei aber positiv sei, dass auch im Euroraum das Wachstum dynamischer geworden sei.

Unsicherheit wegen Brexit

Gegenwärtig herrsche hohe Unsicherheit, die Prognoserisiken seien beträchtlich und abwärtsgerichtet, so das IHS. So gehe man davon aus, dass der Brexit Auswirkungen auf Österreich hat, erklärte Hofer. Bei der Juni-Prognose für die Jahre 2016 und 2017, deren Werte traditionell in die Fünfjahres-Vorschau übernommen werden, war ein EU-Austritt des Vereinigten Königreichs noch nicht berücksichtigt. Über die fünf Jahre würden mit einem Zehntel pro Jahr gerechnet - insgesamt mit 0,5 Prozent. Das sei nicht zu hoch.

Der Effekt werde für Großbritannien am deutlichsten sein: Das Wachstum wird nun mit 1,2 Prozent veranschlagt, ohne Brexit wären es 2 Prozent. Die Krise im Euroraum sieht Hofer überwunden, der Brexit dämpfe. Ein langdauernde Rezession in Großbritannien hätte merklich negative Auswirkungen auf die Haupthandelspartner, so das IHS. Ein kräftiger Einbruch in China könnte die Dynamik der globalen Wirtschaft verlangsamen und eine Ausweitung der geopolitischen Risiken im Nahen Osten und Nordafrika könnte die Wirtschaftsstimmung weiter trüben und sich eventuell auch auf die Energiepreise auswirken.

Keine Auswirkungen durch Türkei-Krise

Die Effekte aus der aktuellen Situation in der Türkei seien für Österreich vernachlässigbar und hätten angesichts deutlich geringerer Handelsbeziehungen weniger Auswirkungen als der Brexit, so Hofer. Es könnte in der Türkei aber längerfristig zu Auswirkungen auf die Innovationskraft kommen.

Am heimischen Arbeitsmarkt sieht das IHS keine Entspannung. Die Arbeitslosenrate wird von 9,1 Prozent im Jahr 2015 bis 2018 auf 9,9 Prozent steigen und dann in etwa stabil bleiben. Durchschnittlich wird für den Fünf-Jahres-Zeitraum mit einer Rate von 9,6 Prozent gerechnet. Das Wachstums der Beschäftigungsnachfrage wird zwar als kräftig mit durchschnittlich 1,2 Prozent angenommen. Dies reicht aber nicht aus, um das steigende Arbeitskräfteangebot insbesondere aus den ost- und mittelosteuropäischen EU-Mitgliedern, zu absorbieren. Die Österreicher müssten länger arbeiten und auch Frauen seinen verstärkt am Arbeitsmarkt, erläuterte Hofer. Dass die Arbeitsmigration hoch bleibe, sei positiv, warnte Hofer vor vereinfachten Schlussfolgerungen. Es gehe auch um Qualifikationen. Die Beschäftigung wäre ohne Arbeitsmigration nicht so stark gewachsen. Ohne Zuwanderung aus Mittel- und Osteuropa habe man eventuell eine geringer Arbeitslosigkeit, aber auch ein deutliche geringeres Wirtschaftswachstum.

Lohnnebenkosten senken

Von den Auswirkungen der Flüchtlingskrise sehe man derzeit noch relativ wenig am Arbeitsmarkt. Internationale Erfahrungen legten aber nahe, dass die Integration von Flüchtlingen schwierig sei, so das IHS. Eine aktive Arbeitsmarktpolitik sei positiv, es müssten aber zusätzliche Maßnahmen getroffen werden wie etwa eine Senkung der Lohnnebenkosten um den Faktor Arbeit billiger zu machen, so Hofer. Investieren müsse man auch in Forschung und Entwicklung, eine Stärkung der Innovationskraft und in Bildung. Wichtig sei dabei, dass man mit einer Frühforderung relativ früh ansetze.

Das Wachstum des Produktionspotenzials (Wirtschaftsleistung bei Normalauslastung) hat sich in den vergangen Jahren abgeschwächt und lag 2015 bei 1 Prozent, so das IHS. Der technische Fortschritt habe kaum mehr zum Wachstum beigetragen. Bis Ende des Prognosezeitraums sollte sich das Potenzialwachstum leicht auf 1 1/4 Prozent erhöhen. Die Industrie 4.0 sieht Hofer noch nicht umgesetzt.

Bei den Zinsen erwarte das IHS derzeit, dass es in den nächsten drei Jahren keine Schritte geben.